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„Wir müssen einfach mal machen und nicht immer nur reden“

Rodel-Olympiasieger Felix Loch erläutert, was eine Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele der Gesellschaft bringt und warum ihm vor der internationalen Konkurrenz nicht bange ist.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

19.03.2025

Rodler Felix Loch mit einem Rodelschlitten auf der Bahn.
Spitzenrodler Felix Loch feiert seinen zweiten Platz im Herren-Einzel bei den Rodel-Weltmeisterschaften im Februar 2025.

Der DOSB hat zehn Forderungen an die neue Bundesregierung aufgestellt – und wir untermauern diese in den Wochen des Bundestagswahlkampfs und der anschließenden Koalitionsverhandlungen mit der Unterstützung von Testimonials aus dem Leistungssport, um anhand von Beispielen aus der Praxis deutlich zu machen, was diese Forderungen dem organisierten Sport bedeuten. Der Link zu allen zehn Forderungen findet sich am Textende. In Folge 9 geht es um die Bewerbung um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele. 

Seine Schlitten hat er in den Schrank gestellt, zumindest vorübergehend. Mit einem Materialtest in Norwegen endete für Felix Loch am vergangenen Wochenende die Rodelsaison 2024/25, in der sich der 35-Jährige Silber im Einsitzer bei der WM in Whistler (Kanada) gesichert hatte und mit seinem elften Edelmetall zum alleinigen Rekord-Medaillengewinner im Einsitzer bei Welttitelkämpfen aufgestiegen war. „Ich bin froh, jetzt mal ein wenig durchatmen zu können“, sagt der Altmeister vom RC Berchtesgaden. Seine Sportleidenschaft allerdings, die macht niemals Pause, und wer mit Felix Loch über das Thema Olympia spricht, der erlebt einen Menschen, der in seiner Begeisterung fast überschäumt. Es kann deshalb niemand Besseren geben, um dem neunten Punkt der Forderungsliste des DOSB an die Bundespolitik Nachdruck zu verleihen. 

Wem es seltsam vorkommt, einen Wintersportler für Sommerspiele werben zu lassen, der kennt Felix Loch schlecht. „Die Faszination Olympischer und Paralympischer Spiele ist unabhängig von der Jahreszeit. Wer sie einmal live erlebt hat, kann das nachfühlen“, sagt der dreimalige Olympiasieger – 2010 in Vancouver im Einsitzer, vier Jahre später in Sotschi im Einsitzer und im Team. „Ich hatte das große Glück, bislang vier Winterspiele als Aktiver erleben zu dürfen. Aber als ich im vergangenen Jahr in Paris die Paralympics besucht habe, war die Gänsehaut, die ich als Fan hatte, kaum geringer. Ich bin fest davon überzeugt, dass alle, die die Chance bekommen, Olympische und Paralympische Spiele live vor Ort mitzuerleben, sich dieser Faszination nicht entziehen können“, sagt er.

Selbstverständlich ist sich Felix Loch bewusst, dass die Zahl der skeptischen Menschen in Deutschland, gerade auch angesichts der Herausforderungen unserer aktuellen Weltlage, traditionell hoch ist. Dennoch steht für ihn außer Frage, dass ein erneuter Anlauf um die Ausrichtung der Spiele als wichtiger Impuls für die Gesellschaft unerlässlich ist. „Man muss dem Ganzen einfach eine Chance geben. Paris ist dafür ein gutes Beispiel. Dort waren vorher auch sehr viele Menschen skeptisch, aber als es dann losging, hat das dem Land einen gewaltigen Schub gegeben. Genau das benötigen wir in Deutschland auch“, sagt er.

  • Man muss dem Ganzen einfach eine Chance geben. Paris ist dafür ein gutes Beispiel. Dort waren vorher auch sehr viele Menschen skeptisch, aber als es dann losging, hat das dem Land einen gewaltigen Schub gegeben. Genau das benötigen wir in Deutschland auch.

    Felix Loch
    Rodel-Olympiasieger

    Die Entgegnung, dass die Spiele nur für einen kleinen Teil auserwählter Athlet*innen und Fans ein auf wenige Wochen beschränktes Erlebnis böten, hat er dabei bereits im Ohr. Und auch darauf die passende Replik: „Alle Zweifelnden wird man niemals überzeugen. Aber es wird genau darum gehen, dass es uns gelingt, der Breite der Bevölkerung zu verdeutlichen, dass schon der Weg hin zu einer Bewerbung viele positive Kräfte freisetzen kann, und dass jeder und jede Einzelne gefordert ist, sich einzubringen, um davon zu profitieren“, sagt er. Sport sei ein anschauliches Beispiel dafür, dass sich Fleiß und Disziplin lohnen, um am Ende Bestleistung abrufen zu können und damit ganz vorn dabei zu sein. „Dieser Leistungsgedanke ist uns in Deutschland in den vergangenen Jahren vielleicht ein wenig abhandengekommen. Mit einer Bewerbung würden wir ein Umdenken anstoßen und ein positives Projekt schaffen, hinter dem sich die Nation versammeln könnte. Dafür ist insbesondere der Weg zu einer dann hoffentlich erfolgreichen Bewerbung sehr wichtig.“ 

    Ein Weltspitzenathlet wie Felix Loch hat naturgemäß einen speziellen Zugang zur olympischen Idee, weil er die Vielfalt der Kulturen, die sich während der Zeit der Wettkämpfe an einem Ort zusammenfindet, am eigenen Leib erfahren hat. „Wenn du im Olympischen Dorf als kleiner Athlet mit Weltstars zusammensitzt, die du bis dato nur aus dem Fernsehen kanntest, und wenn du erlebst, dass es keine Rolle spielt, woher jemand kommt und woran er oder sie glaubt, dann spürst du diese besondere Magie, die es eben nur alle vier Jahre gibt“, sagt er. Dennoch sei genau dieser Geist auch in der Lage, ein gesamtes Land zu erfassen. „Das macht die Spiele so speziell und schön, weil das, was sie darstellen, einzigartig ist“, sagt er. 

    Insbesondere für Kinder und Jugendliche sei ein solcher Impuls von hoher Bedeutung. „Wir hören als Gegenargument für die Ausrichtung der Spiele oft, dass es sehr viel Geld kostet, das an anderen Stellen besser investiert wäre. Aber die Investitionen, die erst durch Olympische und Paralympische Spiele möglich wären, zahlen direkt auf die Sportinfrastruktur des Landes ein, was letztlich auch und vor allem dem Breitensport zugutekommt.“ Der jüngsten Generation durch ein solches Projekt einen einzigartigen Leistungsanreiz zu verschaffen, „ist ein enormer Mehrwert und die vielleicht beste Investition in unsere Zukunft, die wir tätigen können“, sagt er auch mit Blick auf seine beiden sportbegeisterten Söhne Lorenz (8) und Ludwig (6). 

    • Wir hören als Gegenargument für die Ausrichtung der Spiele oft, dass es sehr viel Geld kostet, das an anderen Stellen besser investiert wäre. Aber die Investitionen, die erst durch Olympische und Paralympische Spiele möglich wären, zahlen direkt auf die Sportinfrastruktur des Landes ein, was letztlich auch und vor allem dem Breitensport zugutekommt.

      Felix Loch
      Rodel-Olympiasieger

      Als Beispiel, dass er auch in Deutschland die dafür notwendige Begeisterung schlummern sieht, führt Felix Loch die European Championships in München 2022 an. „Gefühlt war die ganze Stadt eingebunden, es herrschte eine vibrierende, weltoffene Atmosphäre, die alle mitgerissen hat. Da habe ich gespürt, dass wir bereit sind, auch das weltgrößte Sportereignis auszurichten“, sagt er. Wobei er damit keine Festlegung auf die deutsche Kandidatenstadt getroffen haben möchte. „Mir ist wichtig, dass wir uns als Land bewerben und dann alle geschlossen hinter unserem Kandidaten stehen, wer auch immer es sein wird“, sagt er. Deutsche Athlet*innen hätten es nach dann mehr als 50 Jahre währender Durststrecke verdient, endlich einmal wieder Heimspiele zu erleben. Ein Heimvorteil könne gewaltige Kräfte freisetzen, sagt er aus eigener Erfahrung. „Ich freue mich jetzt schon auf die Spiele 2026 in Cortina. Das sind von meinem Zuhause aus gut drei Stunden Fahrt, da können alle Freunde und Familienmitglieder zum Zuschauen nach Italien kommen. Wenn ich mir dann vorstelle, wie es wäre, das im eigenen Land zu erleben, dann weiß ich, was für einen psychologischen Schub das geben kann!“ 

      DEINE IDEEN. DEINE SPIELE. DER PODCAST

      Felix Loch engagiert sich außerdem seit April 2024 als einer von zwei Hosts des Podcast DEINE IDEEN. DEINE SPIELE. DER PODCAST auch inhaltlich für eine Olympiabewerbung. Gemeinsam mit der Moderatorin, Autorin, Podcasterin, Sprecherin und Schauspielerin Ninia LaGrande stellt er euch spannende Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor. Im Mittelpunkt des Podcasts stehen die persönlichen Geschichten der Gäste sowie ihre Verbindungen zu Olympischen und Paralympischen Spielen und eine deutsche Olympiabewerbung ist natürlich auch Thema.

      Bisher zu Gast waren unter anderem B-Girl Jilou, Schiedsrichter Dr. Felix Brych und 3x3-Basketball-Olympiasiegerin Sonja Greinacher. DEINE IDEEN. DEINE SPIELE. DER PODCAST ist überall dort verfügbar, wo es Podcasts gibt. 

      Jetzt reinhören

      Der Blick auf die gewaltige internationale Konkurrenz, die sich für den infrage kommenden Zeitraum zwischen 2036 und 2044 bereits warmläuft, schreckt den siebenmaligen Gesamtweltcupsieger keineswegs. „Konkurrenz ist wichtig, sonst gibt man sich nicht genug Mühe. Deshalb ist es super, dass so viele Kandidaten Interesse angemeldet haben“, sagt er. Deutschland könne mit zwei Aspekten besonders punkten. „Zum einen müssen wir unsere Perfektion im Organisieren in die Waagschale werfen, denn damit können wir noch immer weltweit überzeugen. Zum anderen halte ich das Thema Nachhaltigkeit für zentral. Wir müssen für die Spiele zwar viele Sportstätten modernisieren, aber nichts neu bauen. Auch dafür ist München mit seinem Olympiapark ein herausragendes Beispiel“, sagt er. „Wir müssen mit der Überzeugung an die Sache gehen, dass wir es wollen und können, anstatt uns andauernd kleinzureden. Dann besser sein, wenn es zählt, das ist etwas, das die Politik vom Leistungssport lernen kann!“ 

      Dass es für eine erfolgreiche Bewerbung die parteiübergreifende politische Rückendeckung sowie die notwendigen finanziellen Ressourcen  braucht, ist für Felix Loch selbstverständlich, und er hat auch das Gefühl, dass die eingeschlagene Richtung zum Ziel führen kann. „Trotzdem passiert es noch zu häufig, dass viel geredet wird, aber wenig passiert. Wir müssen einfach mal machen und nicht immer nur reden“, schickt er der kommenden Bundesregierung als nachdrückliche Empfehlung. Er selbst stünde in jeder möglichen Funktion bereit, um den Bewerbungsprozess zu unterstützen. „Wenn ich am Ende einen kleinen Teil dazu beitragen kann, die Spiele nach Deutschland zu holen, wäre ich sehr glücklich. Aber vor allem möchte ich die Wettkämpfe auch als Fan genießen können“, sagt er. Die Leidenschaft für den Sport im Allgemeinen und Olympische und Paralympische Spiele im Besonderen wird auch dann nicht Pause machen, wenn Felix Loch seine Schlitten für immer in den Schrank gestellt hat.

      DEINE IDEEN. DEINE SPIELE.

      In den vergangenen zwei Jahren hat der DOSB erfolgreich den Grundstein für eine deutsche Olympiabewerbung gelegt. Mit der Informations- und Dialoginitiative DEINE IDEEN. DEINE SPIELE. wurde frühzeitig das Gespräch mit Sport, Politik, Wirtschaft und vor allem der Zivilgesellschaft gesucht. Das Ergebnis: So viele Menschen wie lange nicht mehr stehen hinter der Idee von Olympischen und Paralympischen Spiele in Deutschland. Die Ergebnisse aus den zahlreichen Gesprächen sowie aktuelle Informationen zur Olympiabewerbung gibt es hier: 

      www.deine-spiele.de

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