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Sportpolitisches Highlight 2025: Frankfurt ist Gastgeber der EOC-Vollversammlung

Alle sieben Präsidentschaftskandidat*innen des IOC sind am Freitag vor Ort, wenn sich DOSB-Präsident Thomas Weikert um einen Platz im Exekutivkomitee des olympischen Dachverbands Europas bewirbt.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

24.02.2025

Die Öffentlichkeit wird wenig davon mitbekommen, schließlich werden keine Medaillen vergeben oder sportliche Höchstleistungen präsentiert. Aus sportpolitischer Sicht allerdings ist das anstehende Wochenende einer der wichtigsten Termine des Jahres für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Wenn von Donnerstag bis Samstag die Spitzen der Nationalen Olympischen Komitees Europas zur Generalversammlung (GA) im Marriott Hotel Frankfurt Messe zusammenkommen, ist der DOSB zum ersten Mal seit 2007 – damals war es das European Athletes Forum in Stuttgart – wieder Gastgeber für eine Großveranstaltung des Zusammenschlusses der European Olympic Comitees (EOC). „Wir haben einige Jahre sicherlich zu wenig auf dieser Ebene gemacht und wollen uns wieder mehr einbringen“, sagt DOSB-Präsident Thomas Weikert, „deshalb freuen wir uns sehr, diese Generalversammlung in Frankfurt durchführen zu dürfen!“

Welchen Stellenwert das EOC genießt, ist vielen im Sport tätigen Menschen noch nicht so geläufig, vielleicht weil dessen Entstehung einst schwierig war. Nachdem 1967 erstmals die Idee aufgekommen war, die Anliegen der nationalen Sportverbände unter einem europäischen Dach zu bündeln, dauerte es weitere acht Jahre, bis man sich in Lissabon unter den Namen Association of European National Olympic Comitees (AENOC) schriftliche Statuten gab. 1995 wurde der Name in EOC geändert, 2014 kam mit dem Kosovo der 50. und bislang letzte Mitgliedsverband dazu. 2015 fanden in Aserbaidschans Hauptstadt Baku erstmals die European Games statt, das Pendant zu Meisterschaften anderer Kontinentalverbände, die damit allesamt teils weit früher begonnen hatten. Über diese Großevents versuchen sich die Kontinentalverbände eigene Profile zu erarbeiten, was angesichts ihrer „Sandwich-Positionen“ zwischen den NOK und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht einfach ist.

Die Bedeutung der Generalversammlung, die einmal im Jahr stattfindet, wird jedoch deutlich, wenn man einen Blick auf die Gästeliste wirft. Mehr als 300 Menschen reisen an, darunter auch IOC-Präsident Thomas Bach und alle sieben Kandidat*innen, die Ende März in Griechenland an die Spitze des IOC vorrücken wollen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Hessens Sportministerin Diana Stolz (CDU) werden Grußworte sprechen. Das BMI, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt, deren Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) am Freitagabend zum Festbankett kommen wird, unterstützen die Veranstaltung auch finanziell. „Die Anwesenheit der Führungsspitze des internationalen Sports unterstreicht, dass die GA ein sehr wichtiger Termin ist“, sagt Katrin Grafarend, beim DOSB Leiterin des Ressorts Internationales und in die Organisation der Versammlung in entscheidender Position eingebunden.

  • Ein solcher Verbund auf kontinentaler Ebene ist gerade in Zeiten wie diesen eine wichtige Einrichtung, damit wir unterstreichen können, dass wir im Sport in Europa zusammenstehen.

    Thomas Weikert
    Präsident
    DOSB

    „Ein solcher Verbund auf kontinentaler Ebene ist gerade in Zeiten wie diesen eine wichtige Einrichtung, damit wir unterstreichen können, dass wir im Sport in Europa zusammenstehen“, sagt Thomas Weikert, für den die Frankfurter Versammlung in doppelter Hinsicht eine wichtige Bedeutung hat. Der 63-Jährige kandidiert am Freitag für einen Posten im Exekutivkomitee, dem wichtigsten Entscheidungsgremium des EOC nach der Generalversammlung. Dieses wird alle vier Jahre komplett neu gewählt, Deutschland ist aktuell durch die langjährige Hockey-Funktionärin Uschi Schmitz vertreten, die nicht erneut kandidiert. „Es ist uns ein großes Anliegen, in bedeutenden internationalen Gremien vertreten zu sein“, sagt Katrin Grafarend mit Blick auf die Wahl und die anderen Deutschen in offiziellen Ämtern – Claudia Wagner, Geschäftsführerin der Deutschen Sport Marketing (DSM), in der Marketingkommission, das langjährige Exko-Mitglied Klaus Steinbach als Vorsitzender der Medizinischen Kommission, Kanurennsport-Legende Ronald Rauhe als Athletenvertreter und Folker Hellmund als Leiter des Brüsseler EOC-EU-Büros in der EU-Kommission.

    „Das Exekutiv-Komitee unter Leitung von Spyros Capralos hat in den vergangenen vier Jahren vieles vorangebracht. Für den DOSB ist es wichtig, dass wir uns im Exko weiterhin einbringen können, deshalb hoffe ich, dass man mir das Vertrauen schenken wird“, sagt Thomas Weikert. Jeder Nationalverband – bis auf das suspendierte Russland sind alle in Frankfurt anwesend – stellt eine*n Wahldelegierte*n (in der Regel ist das der Präsident oder die Präsidentin). Diese Person darf für die 16 freien Plätze 16 Stimmen vergeben, die nicht auf wenige Kandidat*innen kumuliert werden dürfen. Es gibt vier Führungspositionen, für die jeweils nur eine Person antritt: Der griechische Wasserball-Olympiateilnehmer Spyros Capralos (69) kandidiert erneut für das Präsidentenamt, die litauische Olympia-Schützin Daina Gudzinevičiūtė (59) möchte Vizepräsidentin bleiben. Beide sind auch Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees. Österreichs langjähriger NOK-Generalsekretär Peter Mennel (69) ist als Schatzmeister nominiert, und Carlo Mornati (52), Olympiastarter im Rudern, könnte seinen italienischen Landsmann Raffaele Pagnozzi beerben, der mit 76 nach 19 Jahren als Generalsekretär abtritt.

    Für die weiteren zwölf Plätze im Exko gehen inklusive Thomas Weikert 18 Personen ins Rennen. „Meine Ziele wären eine noch engere Zusammenarbeit unter den europäischen NOK, eine Verstetigung der EOC-Events, insbesondere der European Games, und ein geschlossenes Vorgehen bei wichtigen sportpolitischen Fragestellungen auf EU-Ebene wie beispielsweise der Wahrung des europäischen Sportmodells.“ Für die vierte Ausgabe der Europaspiele ist 2027 Istanbul als Gastgeber vorgesehen.

    Außerhalb der Wahlen, die für Freitag um 11.30 Uhr anberaumt sind, stehen eine Reihe von Berichten aus den Fachbereichen auf dem Programm, zum Beispiel zum Thema „Strategische Agenda 2030“. Ausgewählt werden zudem die Ausrichterstädte für die European Youth Olympic Festivals im Winter und Sommer 2029. Und einen sportlichen Höhepunkt gibt es dann doch: Bei der Wahl der besten Nachwuchsathlet*innen Europas ist die Stuttgarter Kunstturnerin Helen Kevric (16) nominiert. Ausgezeichnet werden die fünf Kandidat*innen unter anderem von Darja Varfolomeev, Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik von Paris 2024, die vor zwei Jahren selbst den Nachwuchspreis gewonnen hatte. Sie wird eine kurze Kostprobe ihres Könnens geben, denn der aktive Sport darf auch bei einer EOC-Generalversammlung nicht fehlen.

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