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„Lisas Literatur-Likes“: Ein Buch, in das ich mich besonders hineinfühlen konnte

Lisa Mayer (28), Bronzegewinnerin bei Olympia in Paris mit der 4x100-Meter-Sprintstaffel, gibt in ihrer neuen Kolumne Literaturtipps und empfiehlt diesmal die Autobiografie „Open“ des ehemaligen Tennis-Weltranglistenersten Andre Agassi.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

25.03.2025

Lisa Mayer zeigt das Buch „Open“
Lisa Mayer empfiehlt Andre Agassis Autobiografie „Open“, weil ihr die Offenheit besonders imponiert.

Warum dieser Autor und dieses Buch? 
„Open - Das Selbstportrait“, das 2009 erschienen ist, habe ich schon vor einiger Zeit gelesen, und dennoch ist es mir so präsent, als wäre es gestern gewesen. Nach meiner schweren Verletzung im Jahr 2023 habe ich von einem langjährigen Sponsor ein „Get Well Soon“-Paket bekommen, in dem unter anderem diese Sport-Autobiografie enthalten war. Andre Agassis Karriere verlief etwas vor meiner Zeit, daher war mir zwar der Name ein Begriff, viel mehr wusste ich über ihn jedoch nicht.

Worum geht es? 
In seiner Autobiografie schildert der frühere Weltklasse-Tennisspieler Andre Agassi (achtmaliger Grand-Slam-Sieger und mehrfach Nummer eins der Welt) seine schwierige Kindheit mit einem sehr fordernden Vater, seine Liebe und den gleichzeitig verspürten Hass dem Tennissport gegenüber, und seinen persönlichen Kampf mit den Herausforderungen des professionellen Leistungssports.

Womit punktet das Buch besonders? 
Mich hat die Authentizität, mit der Agassi seine Geschichte erzählt, sehr beeindruckt. Es wurde nicht die schöne, heile Welt vorgespielt, in der alles immer nur strahlt und der Superstar von Erfolg zu Erfolg schwebt. Er schildert sehr konkret auch seine Tiefen, die in ihrer Detailschärfe sehr helfen, um sich in die Situationen hineinzuversetzen, in denen sich der Protagonist befand. So gelingt es dem Buch, den Menschen hinter dem Sportler zu zeigen. Als Leistungssportlerin, die zwar aus einer anderen Sportart kommt, konnte ich oft Parallelen erkennen, die mich persönlich sehr berührt haben. Die Schilderung seiner Gedanken vor, während und nach einem Match, diese (Selbst-)Zweifel, die womöglich jeder Sportler und jede Sportlerin kennt, hat mich emotional bewegt. Am Ende sind sogar einige Tränen geflossen.

Wie war das Lesegefühl? 
Die Autobiografie ist einfach, leicht verständlich und dennoch sehr spannend geschrieben. Obwohl die abgedeckte Zeitspanne von Agassis Kindheit über viele Jahre bis in sein Erwachsenwerden und -sein reicht, wird oft sehr detailreich erzählt, was eine hohe Emotionalität bewirkt. Ich konnte zwar kein direktes Learning für meine eigene Karriere mitnehmen, aber ich fand es sehr spannend, mich in die Gedanken einzufühlen, die Agassi schildert. Viele der Ängste und Zweifel, die er beschreibt, konnte ich sehr gut nachvollziehen, weil ich sie in ähnlicher Form vor Wettkämpfen auch erlebt habe. Mir ist es dadurch leichtgefallen, mich in die Situation hineinzuversetzen und Agassis Gefühle nachzuerleben. Insbesondere die Schilderung der vielen Tiefen ist sehr gut gelungen, weil man sich als Leser*in fragt, wie es ihm gelungen ist, sich da wieder herauszukämpfen, um einer der erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte zu werden. Seine Ehrlichkeit hat mich besonders abgeholt. Es hat mich schon überrascht, wie offen er mit diesen Themen umgegangen ist. Das ist nicht selbstverständlich, aber es ist das, was ich mir als Leserin wünsche.

Welche Rolle hat Agassis Beziehung zu Steffi Graf für meine Leseentscheidung gespielt?
Keine große. Zwar nimmt die Thematik vor allem in der zweiten Hälfte viel Platz ein, was ich als deutsche Leserin auch spannend fand, weil Steffi Graf natürlich eine schillernde Figur der deutschen Sportgeschichte ist, aber eine primäre Motivation, mich für dieses Buch zu entscheiden, war die Beziehung nicht. Dafür habe ich auch die Karriere von Steffi Graf zu wenig selbst miterlebt.

War der Umfang angemessen?
Mit 584 Seiten ist „Open“ eine sehr umfangreiche Biografie, deren Länge angesichts von Agassis spannendem, vielfältigem Leben meiner Meinung nach jedoch völlig angemessen ist. Die detailreiche Erzählung, unter anderem mit konkreter Aufzählung seiner Selbstgespräche und -zweifel, zieht das Buch natürlich in die Länge, macht es aber auch dadurch erst so richtig authentisch und greifbar. Und dank des Schreibstils liest man die Geschichte auch flüssig weg.

Werde ich den Autor und/oder die Thematik weiter verfolgen? 
Biografien, ganz gleich welcher Art, faszinieren mich. Als Reaktion auf „Open“ habe ich mir beispielsweise direkt die Biografie von Rafael Nadal bestellt. Einerseits, weil er einer der größten Sportler meiner Zeit ist, anderseits aber auch, weil mich die Einblicke in die Tenniswelt fasziniert haben und ich sie mit der Zeit, die Agassi schildert, vergleichen konnte. Ich habe bislang primär Sportbiografien gelesen, weil Sport mich am meisten fasziniert und ich die Parallelen emotional am besten nachvollziehen kann. Ich will aber offener für andere Richtungen werden, um die Erlebnisse von Persönlichkeiten aus allen Bereichen des Lebens als Inspiration zu nutzen und daraus zu lernen.

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