Zustand der Sportstätten wieder im Fokus
Die Sportstätten in Deutschland müssen dringend saniert und modernisiert werden, damit ein wichtiges Stück Lebensqualität erhalten bleibt. Denn ohne Sportstätten ist kein Sport möglich.

16.10.2024

Am vergangenen Mittwoch, 9. Oktober 2024, hat der Sportausschuss des Deutschen Bundestages in seiner 58. Sitzung das zentrale Thema „Status quo und Zukunft der Sportstätten und Sportinfrastruktur in Deutschland" beraten. Bereits am 26. Juni 2024 hat sich der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestages im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs zum Thema „Sportstätten und Stadtentwicklung“ beschäftigt.
Dies ist ein überaus relevantes und wichtiges Thema, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) seit Jahren als zentrales Politikfeld vorantreibt. Die Sportstätteninfrastruktur ist nicht nur von entscheidender Bedeutung für das Sporttreiben selbst, sondern auch für das Gemeinwohl in Deutschland. Sport und Sportvereine tragen maßgeblich zur sozialen Integration, Gesundheit und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Ein gut ausgebautes und modernisiertes Netz von Sportstätten ist die Grundlage dafür.
Sportstätten sind wahre Multifunktionstalente. Sie sind gebaute Einladungen für Menschen, Sport zu treiben, Lebensfreude zu erleben, sich zu begegnen und gesund zu erhalten. Wenige Orte innerhalb einer Kommune vermögen es heutzutage noch, Menschen so unterschiedlicher Hintergründe unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft zusammenbringen und zu bewegen. Sie sind Grundlage für fast 28 Millionen Mitgliedschaften aus Breiten- und Leistungssport, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Sie sind Orte für Bildung, Gesundheit, für Integration und Inklusion. Sportstätten gehören zur unverzichtbaren Daseinsvorsorge der Menschen und sind eine der wertvollsten Ressourcen des Sports und unserer Gesellschaft.
In Deutschland haben wir rund 231.000 Sportstätten. Diese Anzahl an Sportgelegenheiten ist zu großen Teilen auf die Sportstättenbauoffensive „Goldener Plan“ in den 1960er bis 1980er respektive „Goldener Plan Ost“ in den 1990er und 2000er Jahren zurückzuführen. Durch die gemeinsamen Anstrengungen von Sport und Politik konnte damals eine große Zahl an Sportstätten gebaut werden.
Allerdings ist die Qualität der Sportstätten vielerorts mittlerweile mangelhaft. Über 40 Jahre nach der Bauoffensive finden sich auf zahlreichen Sportplätzen und in Hallen in ganz Deutschland kaputte Duschen, wenig einladende Umkleideräume sowie schlecht gedämmte und energetisch rückständige Gebäude. Das liegt daran, dass seither keine große bundesweit angelegte Sportstättenbauinitiative mehr durchgeführt wurde. Vor diesem Hintergrund wurde in den vergangenen Jahren immer wieder in den Ausschüssen des Bundestages beraten - die Thematik ist offensichtlich in der Bundesregierung angekommen. Das Ergebnis ist allerdings ernüchternd: im vergangenen Jahr wurden im Rahmen der Haushaltskürzungen die Mittel für das Programm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ sogar gekürzt. In diesem Jahr gibt es zudem keinen neuen Förderaufruf. Die eingereichten Förderanträge zeigen allerdings einen extrem hohen Bedarf.
Eine gemeinsame Analyse des DOSB und der kommunalen Spitzenverbände aus dem Jahr 2018 zeigt, dass der Sanierungsbedarf für Sportstätten in Deutschland mindestens 31 Milliarden Euro beträgt. Hinzu kommen Kosten für die Erreichung der verbindlichen Klimaschutzziele der Europäischen Union (Green Deal) und der Bundesrepublik Deutschland (Klimaschutzgesetz). Es besteht akuter Handlungsdruck.
Zukünftige Sport- und Bewegungsräume müssen soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit gewährleisten. Priorität hat dabei die Berücksichtigung lokaler Bedürfnisse, die Erreichbarkeit und vielseitige Nutzbarkeit dieser Räume. Ressourcenschonender Bau, Dekarbonisierung und Klimaanpassung sind unabdingbare Voraussetzungen. Es bedarf auskömmlicher langfristiger Förder- und Investitionsprogramme, einschließlich eines spezifischen Sportstättenförderprogramms des Bundes. Diese Förderprojekte müssen auf klar definierten Nachhaltigkeitskriterien basieren und sportfachliche Expertise einbeziehen. Zudem ist die Aufnahme von Sport- und Bewegungsräumen als Fördergegenstand der erweiterten Städtebauförderung entscheidend, wobei auch Sportvereine antragsberechtigt sein müssen.
Die Entwicklung dieser Räume erfordert eine intensive, ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Hierfür müssen geeignete Strukturen etabliert und ein zentrales Gremium zur Koordination aller relevanten Institutionen geschaffen werden. Die Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppen für den geplanten Entwicklungsplans Sport müssen konsequent ohne weitere Abschwächung Eingang in den Entwicklungsplan der Bundesregierung finden, wobei die einzelnen Maßnahmen mit klaren Verantwortlichkeiten, Zeitplänen und hinterlegten Ressourcen versehen sein müssen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen muss noch in dieser Legislaturperiode beginnen und finanziell ausreichend abgesichert sein.
Eine mehrjährige Sanierungs- und Modernisierungsoffensive für die Sportstätten unseres Landes ist dringend notwendig, damit ein wichtiges Stück Lebensqualität erhalten bleibt. Denn ohne Sportstätten ist kein Sport, egal ob Breiten- oder Leistungssport, möglich. Für die Millionen von Sportvereinsmitgliedern in Deutschland ist das keine Option.
(Autor*innen: Christian Siegel , Ressortleiter Sportstätten und Umwelt und Maike Weitzmann, Referentin Sportstätten und Umwelt)