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Zur staatlich regulierten Öffnung des Sportwettensektors

Martin Nolte, Sportrechtsexperte am Institut für Sport und Sportwissenschaften der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, gibt Antworten auf Fragen zum Glücksspielmonopol.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

01.09.2010

Am 20. und 21. Mai 2010 fand eine strukturierte Anhörung zur „Zukunft des Glücksspielwesens in Deutschland“ unter Federführung der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei Rheinland-Pfalz in Mainz statt. Im Nachgang zu dieser Anhörung kristallisieren sich drei zentrale Fragen heraus, deren Beantwortung die zukünftige Entscheidung über die Neuordnung des Glücksspielwesens maßgeblich beeinflussen:

  1. Zum Ersten stellt sich die Frage nach einem sektorenübergreifenden „Dominoeffekt“: Zwingt eine kontrollierte Öffnung des Sportwettenmarktes zu einer Aufgabe des Lotteriemonopols?
  2. Zum Zweiten stellt sich die Frage nach einer eigenständigen Begründung des Lotteriemonopols: Hat das Lotteriemonopol auch ohne den „Schutzwall“ des Sportwettenmonopols rechtlichen Bestand?
  3. Zum Dritten gibt es die Frage nach der Zulässigkeit einer Sportwettenabgabe: Darf eine Sportwettenabgabe auf die im Sportwettenmarkt generierten Erträge erhoben werden und ist dieses sinnvoll?

Bei den ersten beiden Fragestellungen geht es um die Tragfähigkeit einer dualen Struktur von Lotteriemonopol und kontrolliert geöffnetem Sportwettenmarkt aus unterschiedlichen Perspektiven: Während die erste Frage einen sektorenübergreifenden Blickwinkel einnimmt, befasst sich die zweite Frage mit einer sektorenisolierten Begründung des Lotteriemonopols. Die dritte Frage konzentriert sich schließlich auf die landesgesetzliche Steuerungsmöglichkeit des Sportwettenmarktes von der Abgabenseite her.

Die nachstehenden Antworten schreiben das Gesamtkonzept einer staatlich regulierten Öffnung des Sportwettenmarktes für Private, wie es der organisierte Sport in seiner Gemeinsamen Antwort zur mündlichen Anhörung verschriftet hatte, fort.    

1. Frage: Gibt es einen sektorenübergreifenden „Dominoeffekt“: Zwingt also eine kontrollierte Öffnung des Sportwettenmarktes zu einer Aufgabe des Lotteriemonopols?

1. Antwort:

Nein! Einen „Dominoeffekt“ wird es nicht geben. Die Öffnung des Sportwettenmarktes für Private zwingt nicht zur Aufgabe des Lotteriemonopols. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: Beide Glücksspielbereiche bzw. -sektoren sind voneinander unabhängig. Die Öffnung des Sportwettenmarktes für Private hat daher keinen dominohaften Einfluss auf das Monopol im Bereich der Lotterien. Der Sportwettenmarkt für Private kann ohne Automatismus für den Bereich der Lotterien geöffnet werden. Der Fortbestand des Monopols im Bereich der Lotterien ist dadurch nicht in Gefahr [hierzu: 1.].

Im Gegenteil: Eine unterschiedliche Modellierung beider Sektoren ist vielmehr nahe liegend. Die Bereiche sind gekennzeichnet durch strukturelle Unterschiede. Diese Unterschiede sollten in verschiedenartigen Modellierungen ihren Niederschlag finden [hierzu: 2.].      

1. Der Fortbestand des Monopols im Bereich der Lotterien ist von der staatlich regulierten Öffnung des Sportwettensektors verfassungs- und europarechtlich unabhängig:

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist auf die Vorgaben des Grundgesetzes abzustellen. Diese Vorgaben wurden insbesondere durch die Sportwetten-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 wie folgt präzisiert:

Das Gericht stellte unter Randnummer 148 f. für den Bereich der Sportwetten fest, dass der Ausschluss der gewerblichen Veranstaltung von Wetten durch private Wettunternehmen sowie der Vermittlung von nicht vom Freistaat Bayern veranstalteten Wetten in der damaligen Form mit der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG unvereinbar sei. Das [damalige] Wettmonopol sei in einer Art und Weise ausgestaltet, die eine effektive Suchtbekämpfung, die den Ausschluss privater Veranstalter rechtfertigen könnte, nicht sicherstelle. Ein verfassungsmäßiger Zustand könne nach Ansicht des Gerichts daher sowohl durch eine konsequente Ausgestaltung des Wettmonopols erreicht werden, die sicherstelle, dass es wirklich der Suchtbekämpfung diene, als auch durch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstaltung durch private Wettunternehmen. Der Gesetzgeber sei [nur] gehalten, den Bereich der Sportwetten unter Ausübung seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums neu zu regeln. Wie er dieses macht, bleibt ihm überlassen.

Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber verfügt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 über einen [legislativen] Gestaltungsspielraum zur Modellierung des Sportwettenmarktes. Dieser Gestaltungsspielraum steht außer Streit. Er ist verfassungsgerichtlich bestätigt. Daraus ergeben sich aber wichtige Konsequenzen:

Denn der [unstreitige] Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für den Bereich der Sportwette kann schlechterdings nur bestehen, wenn die Glücksspielsektoren isoliert voneinander zu betrachten sind. Wäre dies anders, dann hätte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 auch die Modelle benachbarter Bereiche [Lotterien: Monopol; Gewerbliches Spiel: Konzessionsmodell] zwingend einbeziehen müssen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht aber gerade nicht gemacht. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr nur den Blick auf den Sportwettenmarkt gerichtet und in diesem Kontext festgestellt, dass der Gesetzgeber in der Modellierung dieses Bereichs frei sei.

Die Freiheit des Gesetzgebers zur Einrichtung eines Monopols oder zur kontrollierten Öffnung des Sportwettenmarktes wird dabei grundsätzlich nicht begrenzt durch das Maß der Suchtgefährdung. Denn wäre dies der Fall, dann hätte das Bundesverfassungsgericht die Art der Modellierung [Monopol, kontrollierte Öffnung] von dem Ausmaß der Suchtgefährdung in diesem Bereich abhängig gemacht. Das war erkennbar nicht der Fall. Das Bundesverfassungsgericht hat nur festgestellt, dass innerhalb des Modells konsequent und kohärent zu handeln sei. 

Damit steht jedoch fest, dass ein „Dominoeffekt“ nicht zu befürchten ist. Denn der Schluss, das Staatsmonopol im Bereich der Lotterien sei nicht mehr zu halten, wenn schon der suchtgefährdendere Bereich der Sportwetten geöffnet werde, steht zum grundsätzlichen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Widerspruch.

Wäre das Ausmaß der Suchtgefahr verfassungsrechtlich bindend für die Modellierung der jeweiligen Bereiche, dann hätte sich das Bundesverfassungsgericht in einer ausweglosen Entscheidungslage befunden: Aus dem Blickwinkel der weniger suchtgefährdenden Lotterien unter dem Monopol des Staates hätte das Gericht auf eine zwingende Fortführung des Monopols in dem suchtgefährdenderen Bereich der Sportwetten entscheiden müssen. Aus dem Blickwinkel des suchtgefährdenderen Bereichs des Gewerblichen Spiels, der bereits gewerberechtlich konzessioniert ist, hätte das Gericht zwingend für eine Öffnung des weniger suchtgefährdenderen Bereichs der Sportwetten eintreten müssen. Beides hat das Gericht nicht gemacht.

Das Gericht hat umgekehrt den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum vielmehr betont. Damit hat das Gericht die verfassungsrechtliche Unabhängigkeit der jeweiligen Bereiche bekräftigt. Der Schluss, vom Ausmaß der Suchtgefahr auf die Modellierung zu schließen, geht also fehl. 

Der Fortbestand des Lotteriemonopols ist damit grundsätzlich unabhängig von der staatlich regulierten Öffnung des Sportwettenmarktes. Der Gestaltungsspielraum für den Bereich der Sportwette gilt auch für den Bereich der Lotterien. Die Fortführung des Staatsmonopols im Bereich der Lotterien ist von keinerlei Rechtfertigungsgründen im Verhältnis zur Öffnung des Sportwettensektors abhängig. Gleiches gilt im Verhältnis zwischen dem Sportwettensektor und dem Gewerblichen Spiel.

Die Annahme einer überwölbenden – wie auch immer gearteten – „Systemimmanenz“ oder „nationalen Kohärenz“ zwischen den Glücksspielsektoren, die bei Öffnung des Sportwettensektors das Monopol im Bereich der Lotterien gefährde, geht an diesen Grundsätzen vorbei. Denn sie steht im Widerspruch zum verfassungsgerichtlich anerkannten Gestaltungsspielraum und den europarechtlichen Vorgaben, die parallel verlaufen.  

Zu den europarechtlichen Vorgaben zählt das Kohärenzgebot. Dieses verpflichtet nur dazu, die einzelnen Beschränkungen innerhalb der jeweiligen Glücksspielarten kohärent zu regeln. Im Verhältnis zwischen den verschiedenen Glücksspielarten [Lotterien, Sportwetten, andere] entfaltet es keine Wirkung. Diese Aussage ergibt sich explizit aus den Schlussanträge des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof in Sachen Mengozzi - C 316/07 -. Dieser hat in seinen Schlussanträgen auf sämtliche glücksspielrelevante Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Bezug genommen und damit belegt, dass der Gerichtshof das Kohärenzgebot stets in diesem isolierten Sinne verstanden hat [EuGH in Sachen Schindler - C 124/97 -, Zenatti - C 67/98 -, Gambelli - C 243/01 -, Placanica - C 338/04 - sowie Liga Portuguesa - C 42/07 -]. Ein „Dominoeffekt“ [„erst die Sportwetten, dann die Lotterien“] ist daher weder aus verfassungsrechtlicher, noch europarechtlicher Sicht zu befürchten. Ein duales Modell in Deutschland wäre insoweit ebenso tragfähig wie in anderen Kern-Mitgliedstaaten der Europäischen Union [Italien, Frankreich] mit vergleichbaren verfassungsrechtlichen sowie identischen europarechtlichen Vorgaben.

2. Die rechtliche Unabhängigkeit der jeweiligen Bereiche wird flankiert von strukturellen Unterschieden zwischen Lotterien und Sportwetten. Diese legen eine unterschiedliche Modellierung aus rechtspolitischen Gründen nahe: Grundlage für Lotterien sind staatliche Veranstaltungen ohne Grundrechtsschutz. Grundlage für Sportwetten sind private, durch verschiedene Grundrechte abgestützte Veranstaltungen des Sports [Art. 9 GG, Art. 12 GG, Art. 14 GG]. Die Öffnung des Sportwettenmarktes für Private korreliert daher mit der Organisation, Planung und Durchführung von Sportveranstaltungen durch Private. Hinzu kommt die unterschiedliche historische Entwicklung von Lotterien und Sportwetten sowie die Tatsache, dass der Bereich der Pferdewetten seit langem in privater Hand ist. Die Risiken [Schwarzmarktanfälligkeit] in beiden Bereichen sind völlig unterschiedlich: Bei Lotterien ist ein schwarzer Markt praktisch nicht existent. Bei Sportwetten ist dies genau umgekehrt. Vor diesem Hintergrund besteht der Bedarf nach Kanalisierung des illegalen Marktes nur im Bereich von Sportwetten. Eine Kanalisierung kann aber schlechterdings nur durch eine kontrollierte Öffnung des Marktes geschehen, weil nur bei kontrollierter Öffnung die Attraktivität der Sportwetten signifikant gesteigert werden kann. Ein Staatsmonopol leistet dem Schwarzmarkt Vorschub [Aussage von Transparency International im Rahmen der strukturierten Anhörung]. Schließlich ist das wirtschaftliche Risiko für den Veranstalter von Lotterien vernachlässigenswert und auch die Manipulationsgefahren im Bereich der Lotterien berühren ausschließlich den Veranstalter der Lotterien. Im Bereich der Sportwetten ist dies anders: Hier geht es nicht nur um die Abwehr von Gefahren für den Veranstalter der Wetten. Auch der Veranstalter der bewettbaren Sportereignisse ist signifikant durch manipulationsträchtige Wetten in Gefahr. Seine Interessen sind deshalb bei der Organisation von Sportwetten zu berücksichtigen. Diese Berücksichtigung sollte durch Einführung eines Sportveranstalterschutzrechts abgesichert werden.

2. Frage: Lässt sich das Lotteriemonopol auch ohne den „Schutzwall“ des Sportwettenmonopols isoliert [rechtlich] begründen?

2. Antwort:

Ja! Das Lotteriemonopol ist auch ohne den „Schutzwall“ des Sportwettenmonopols isoliert begründbar und damit haltbar. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Das Lotteriemonopol ist Ausdruck der grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber darf die verschiedenen Glücksspielsektoren bereichsspezifisch ordnen. Das Ausmaß der Suchtgefährdung macht ihm prinzipiell keine Vorgaben, ob er ein Monopol einrichtet oder den jeweiligen Markt kontrolliert öffnet. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet, innerhalb des Modells kohärent zu handeln. Das jeweilige Modell muss also den weiteren verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen. Hierzu gehören insbesondere die Grundrechte. Mit diesen ist das Lotteriemonopol vereinbar. Insbesondere stellt das Lotteriemonopol keinen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit privater Anbieter dar. Es hält darüber dem Gleichheitssatz Stand. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Das Lotteriemonopol verursacht zwar einen Eingriff in die Berufsfreiheit privater Anbieter. Dieser Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs beruht auf Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG: Danach kann die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Dieser Regelungsvorbehalt erstreckt sich nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts über seinen Wortlaut hinaus auch auf Einschränkungen der Berufswahl [E 7, 377 (400 ff.)].

Das Lotteriemonopol ist eine Berufsausübungsschranke. Es gilt ausschließlich für „Große Lotterien“. „Kleine Lotterien“ dürfen von privaten Anbietern bei Fehlen von Versagungsgründen [vgl. insbesondere die § 13 Abs. 2 GlüStV] prinzipiell angeboten werden. Damit verwehrt das Lotteriemonopol nicht den Zugang zum [tradierten] Beruf des Lotterieveranstalters an sich. Es regelt vielmehr nur die Modalitäten, unter denen Private Lotterien anbieten dürfen. Damit ist das Lotteriemonopol aber keine Bedingung für den Zugang zum Beruf des Lotterienveranstalters, sondern lediglich eine Ausübungsschranke [in diesem Sinne auch: VG Düsseldorf, NWVBl. 2007, 358; zur Differenzierung zwischen Zulassungsschranken und Ausübungsregelungen: Nolte, Art. 12, Rn. 86 ff., in: Stern/Becker, Grundrechtekommentar, Köln 2010].].

Ausübungsregelungen wie das Lotteriemonopol sind nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Dreistufentheorie schon bei Vorliegen vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls zulässig. Sie können bereits durch Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit gerechtfertigt sein. Zu diesen Belangen zählen auch die Ziele, denen der Glücksspielstaatsvertrag verpflichtet ist. Insbesondere die Bekämpfung von Suchtgefahren und die Abwehr von Missbrauchs- und Manipulationsgefahren sind ausreichende Belange des Gemeinwohls. Sie würden selbst objektive Berufszulassungsschranken rechtfertigen. Würde man also das Lotteriemonopol trotz seiner Einordnung als Berufsausübungsregelung wegen seiner besonders intensiven Wirkung einer Berufszulassungsschranke gleichstellen wollen, so würde das Lotteriemonopol auch in dieser Deutung seine Rechtfertigung in den aktuellen Zielen des Glücksspielstaatsvertrags finden [so auch Ruttig, § 13 GlüStV, Rn. 6, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, München 2008].

Dass Suchtgefahren bei Lotteriespielern möglicherweise geringer einzustufen seien als im Bereich der Sportwetten, ändert nichts an der Legitimität ihrer Bekämpfung. Dieses Gemeinwohl rechtfertigt das Lotteriemonopol. Die tatsächlich geringeren Gefahren in diesem Bereich und die Tatsache, dass es sich beim Lotteriemonopol lediglich um eine Ausübungsschranke handelt, eröffnen aber tendenziell größere Spielräume bei den Vertriebswegen und der Werbung.

Schließlich genügt die binnenstrukturelle Differenzierung zwischen „Großen Lotterien“ und „Kleinen Lotterien“ dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 GG. Dieser verbietet nicht jede Ungleichbehandlung schlechthin. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt nur vor, wenn es für die Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten oder Personen keinen sachlichen Differenzierungsgrund gibt oder wenn der Grund für die Ungleichbehandlung geringer zu gewichten ist als das Interesse der ungleich behandelten Gruppe. Diesen Maßstäben genügt die Differenzierung im Bereich der Lotterien. Denn „Große Lotterien“ dürften ein tendenziell anderes Sucht- und Missbrauchspotenzial aufweisen als „Kleine Lotterien“. Aufgrund dessen ist der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums berechtigt, „Große Lotterien“ und „Kleine Lotterien“ unterschiedlich zu behandeln. Eine darüber hinaus gehende Begründungspflicht gegenüber den Modellen in anderen Sektoren [Sportwetten, Gewerbliches Spiel etc.] besteht nicht.

3. Frage: Ist der Erhebung einer Sportwetten-Abgabe rechtlich zulässig und      ordnungspolitisch sinnvoll?

3. Antwort:

Ja! Die Erhebung einer Sportwetten-Abgabe ist rechtlich zulässig und ordnungspolitisch sinnvoll. Die Sportwetten-Abgabe ist strikt von der Erhebung einer Verwaltungsgebühr für die Marktzulassung [Kontrollerlaubnis] zu trennen. Die Abgabe betrifft den Abschnitt der Marktüberwachung [Aufsicht, rechtliche Begrenzung, normative Lenkung, Steuerung und Kanalisierung].

Die Abgeltung des tatsächlichen Verwaltungsaufwands im Rahmen der Marktzulassung – Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen für die Erteilung einer Konzession – darf im Wege einer von der Sportwetten-Abgabe unabhängigen Verwaltungsgebühr erfolgen. Für ihre Bemessung ist der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff maßgeblich. Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Vorteile der Marktzulassung ist in Anwendung des Äquivalenzprinzips nicht mit einer Gebührenminderung zu rechnen. Vielmehr ist es bei entsprechender gesetzlicher Grundlage zulässig, entsprechend dem wirtschaftlichen Wert der Erlaubnis für den Antragsteller eine Gebührenstaffelung vorzunehmen. Diese kann aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung typisiert und pauschaliert werden. Die Marktzulassung sollte schließlich befristet erfolgen. Auf diese Weise würde eine Verwaltungsgebühr bei jeder neuen Marktzulassung anfallen.

Von der Marktzulassung und der Verwaltungsgebühr unabhängig ist der chronologisch nachfolgende Abschnitt der Marktüberwachung. In diesem Kontext steht die Sportwetten-Abgabe. Sie soll die mit der Regulierung der Marktzulassung und des Sportwettenmarktes selbst verfolgten Ziele flankieren und verstärken. Insbesondere dient die Sportwetten-Abgabe der Vorteilsabschöpfung, Angebotsbegrenzung, Lenkung und Kanalisierung in den legalen Markt. Die Sportwetten-Abgabe ist damit eine ausschließlich am Lenkungs- und Kanalisierungszweck ausgerichtete Sonderabgabe. Durch sie kann erreicht werden, dass durch Verteuerung das Wettangebot geringer wird, die Risiken aus der Teilnahme an Wetten abnehmen und illegale Wetten durch einen marktgerechten Abgabenzins in den legalen Markt überführt werden. Sie betrifft also die Marktüberwachung [Aufsicht, rechtliche Begrenzung, rechtsnormative Steuerung und Lenkung] und stellt keine Gegenleistung für die Zulassung zum Markt dar.

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