„Wir sind die Montagsturner“
Alfons Anders aus Weilerswist in Nordrhein-Westfalen über das Deutsche Sportabzeichen, Männer-Gymnastik und Zehnkampf.

18.11.2013
Im Jahr 1954 hörte Alfons Anders zum ersten Mal vom Deutschen Sportabzeichen. Damals war er 15 Jahre alt und hatte gerade die Leichtathletik für sich entdeckt. Laufen lag dem Jungen besonders. „Ich habe beim Ablegen der Disziplinen für das Sportabzeichen relativ schnell gemerkt, dass einem da mehr abverlangt wird, als nur ein Sprint. Vor allem die technischen Disziplinen wie Kugelstoßen, Schwimmen oder Weitsprung haben mich gereizt“, erzählt der heute 74-Jährige. So kam Alfons Anders zum Mehrkampf.
Große Vorbilder als Motivation
Ein paar Jahre später, 1958, wurde Alfons Anders Mitglied im ASV Köln e.V. und trainierte als Zehnkämpfer zwei bis drei Mal in der Woche. Besonders begeistert war der junge Mann davon, dass in diesem großen Verein auch bekannte Größen trainierten. So machte er die Bekanntschaft des Sprinters Manfred Germar und des Zehnkämpfers und Hürdenläufers Martin Lauer. Beide gehören zu den erfolgreichsten deutschen Leichtathleten und nahmen an den Olympischen Spielen 1960 in Rom teil, wo Martin Lauer mit der 4x100 Meter-Staffel Gold holte.
„Das war schon eine besondere Ehre für mich, mit diesen großartigen Athleten gemeinsam im ASV trainieren zu können und mir den einen oder anderen Tipp von ihnen zu holen“, erzählt Alfons Anders begeistert. Und während er im Sommer 1960 seinen Vorbildern von Köln aus in Rom die Daumen drückte, standen für den jungen Mehrkämpfer in der Heimat die ersten eigenen Wettkämpfe an. „Ich startete in Köln im Zehnkampf bei der Mittelrhein-Meisterschaft und im gleichen Jahr bei der Deutschen Meisterschaft in Hamm“, erinnert sich Alfons Anders.
Das schnelle Ende
An dieser Stelle hören die guten Erinnerungen des 74-Jährigen aber auch schon auf. Es lief nämlich alles andere als rund. „Ich weiß noch, dass ich bei der Mittelrhein-Meisterschaft in Köln mit etwa 6.200 Punkten ganz gut dabei war. In Hamm dann erlebte ich einen persönlichen Tiefpunkt. Ich scheiterte im Stabhochsprung bereits an der Anfangshöhe von 2,60 Metern. Vielleicht lag es am Stab, da wir beim Einspringen einen anderen bekamen als im Wettkampf selbst. Ich kann es nicht mehr genau sagen“, erzählt Alfons Anders. Aber an seine Wut von damals kann er sich gut erinnern. „Ich wollte nicht einmal meine Punktzahl erfahren. Ich fuhr schwer enttäuscht nach Hause und beschloss, meine Zehnkampf-Karriere zu beenden.“
In den kommenden Jahren widmete sich Alfons Anders anderen Projekten. Er heiratete, baute ein Haus, wurde drei Mal Vater und feierte auch beruflich Erfolge. Der gelernte Feinmechaniker wurde technischer Leiter am Institut für Biochemie in Köln. 1973 trat auch wieder der Sport in das Leben von Alfons Anders – mit dem Ablegen seines ersten Erwachsenen-Sportabzeichens.
„Das ist ab heute deine Gruppe“
Begleitet wurde er dabei in den folgenden Jahren von Adam Justen, seines Zeichens Sportabzeichen-Obmann und Prüfer. Als dieser 1976 eine Männer-Gymnastikgruppe gründete, war Alfons Anders eines der ersten Mitglieder und gehörte fortan wieder einem Sportverein an, der LGO Euskirchen/Erftstadt e.V..
Als er im Herbst 1977 seinen Übungsleiterschein in der Tasche hatte, folgte die Überraschung auf dem Fuße. „Zurück in der Gymnastikgruppe machte Adam Justen kurzen Prozess und erklärte, dass ich ab sofort der neue Leiter sei,“ erzählt er heute.
„Ich war zwar ziemlich überrumpelt, nahm die Herausforderung aber an. Naja, daraus wurden dann insgesamt 35 Jahre. Erst in diesem Jahr habe ich die Montagsturner an einen Jüngeren abgegeben, bin selbst aber noch in der Gruppe dabei“, so Alfons Anders. Den Namen hat die Gruppe deshalb, weil sie sich jeden Montag zur gemeinsamen Gymnastik treffen. Die Altersspanne der Mitglieder reicht von 49 bis 89 Jahre und bei Vereins- oder Weihnachtsfeiern sind die Männer gern gesehene Gäste auf der Bühne.
Ein Hahn im Korb
Parallel leitete Alfons Anders von 1992 bis 2012 auch die Frauengruppe der LGO Euskirchen/Erftstadt, die immer mittwochs zusammen kam. Er genoss die Position als Leiter der Damen, zu denen auch seine eigene Ehefrau gehörte. Und noch heute hat er nur Gutes über diese zu berichten. „Die Damen waren ungeheuer ehrgeizig und diszipliniert. Es heißt ja immer, Frauen sind Quatschweiber, wenn viele zusammen sind. Aber ich kann Ihnen verraten, dass in meiner Männergruppe mehr gequatscht wurde“, lacht Alfons Anders.
In all den Jahren war neben den Gymnastikgruppen, dem Lauftreff und anderen sportlichen Aktivitäten bei dem heute 74-Jährigen aber immer Zeit für das Deutsche Sportabzeichen. Anfang Mai startet Alfons Anders jedes Jahr mit dem Training und im September legt er die Prüfungen ab. Und das seit inzwischen 40 Jahren in Folge. Im Mai 2013 wurde er vom Landrat und KSB-Vorsitzenden von Euskirchen, Günter Rosenke, dafür geehrt.
Auch im kommenden Jahr wird sich Alfons Anders wieder den Bedingungen stellen. Er fühlt sich gut und gesund. Er kann zwar nach einer Hüft-OP vor einigen Jahren nicht mehr alle Disziplinen absolvieren, sucht sich aber nach seinen Möglichkeiten Alternativen. Seine Begeisterung für den Sport und das Sportabzeichen hat er innerhalb der Familie bereits weitergegeben. Eine seiner Töchter und zwei der insgesamt zehn Enkel haben auch die Übungsleiter-Lizenz.
(Quelle: wirkhaus)