Wie passen Sexualstrafrecht und Sportrecht zusammen?
Rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich am 17. Mai in Frankfurt über die aktuellen Paragraphen im Sexualstrafrecht informiert.

30.05.2018

In der Erklärung der DOSB-Mitgliederversammlung zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport vom 4. Dezember 2010 („Münchner Erklärung“) haben sich die DOSB-Mitgliedsorganisationen u.a. dazu verpflichtet, „auf der Grundlage der Rahmenrichtlinien in eigener Zuständigkeit die Bedingungen für den Entzug von Übungs-, Jugendleiter- und Trainerlizenzen zu regeln“.
Die Deutsche Sportjugend (dsj) hatte 2011 die erste Auflage der Broschüre „Gegen sexualisierte Gewalt - Orientierungshilfe für rechtliche Fragen“ veröffentlicht (aktualisiert 2013). Darin findet sich Basiswissen zum Sexualstrafrecht und rechtliche Grundlagen für Sportverbände, um Sanktionen bei Fällen sexualisierter Gewalt aussprechen zu können. In den vergangenen Jahren haben sich Gesetzeslagen verändert – z.B. durch das Bundeskinderschutzgesetz, im Sexualstrafrecht oder durch Rechtsprechungen – und Sportverbände haben Erfahrungen im Themenfeld gesammelt.
Durch das Experten/innen-Hearing sollten nun Herausforderungen im Umgang mit sportgerichtlichen Verfahren bei sexualisierter Gewalt im Sport herausgearbeitet und aktuelle Fragestellungen in den Blick genommen werden.
Hierzu präsentierte die Rechtswissenschaftlerin Jun.-Professorin Dr. Elisa Hoven (Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln) wichtige Paragraphen des Sexualstrafrechts und gab Einblicke zu aktuellen Entwicklungen und Reformansätzen. Basierend darauf stellte Prof. Dr. Jan F. Orth (Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, Vorsitzender Richter des Landgerichts Köln) seine Empfehlungen zum Umgang mit sportgerichtlichen Verfahren bei (Verdachts-)Fällen von sexualisierter Gewalt im Sport vor. Als Beispiel aus der Praxis präsentierte Constanze Winter (Justitiarin der Deutschen Reiterlichen Vereinigung) die Erfahrungen und Herausforderungen des Bundesverbands mit dem Entzug von Lizenzen bei Fällen sexualisierter Gewalt.
„Wir sind sehr dankbar, dass die Expertinnen und Experten ihr Wissen und ihre Perspektiven mit uns geteilt haben. Mit ihnen und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnten wir die Herausforderungen in der Sportgerichtsbarkeit im Umgang mit Fällen von sexualisierter Gewalt herausarbeiten. Hier werden wir als dsj ansetzen und mit Expertinnen und Experten unsere Empfehlungen aktualisieren und präzisieren, sodass wir den Sportverbänden Handlungssicherheit geben können“, berichtet Jan Holze, dsj-Vorsitzender, der am Experten/innen Hearing teilnahm.
Eingeladen waren die Justitiare und Rechtsberater/innen, die Ansprechpartner/innen für Prävention sexualisierter Gewalt im Sport und die Bildungsreferent/innen der DOSB/dsj-Mitgliedsorganisationen.
Sexualisierte Gewalt: Zwei Fragen an den Rechtswissenschaftler Prof. Orth
Welche Herausforderungen sehen Sie konkret im Umgang mit sportgerichtlichen Verfahren bei sexualisierter Gewalt im Sport?
PROF. JAN F. ORTH: Die Vereine und Verbände sind zu Recht stolz darauf, dass im Sport der Wohlverhaltensanspruch an alle höher liegt als im staatlichen Sexualstrafrecht. Dies muss sich nun auch in rechtlich unangreifbaren Regeln in den Satzungen widerspiegeln.
Was brauchen die Sportverbände, um sich hierzu gut aufstellen zu können?
Neben offener Kommunikation und einer Kultur, durch die alle am Sport Beteiligten die neuen, guten und wichtigen Regeln zu verinnerlichen lernen müssen, sind rechtssichere Kontrollmechanismen mit klar formulierten Geboten und Verboten von Nöten, die im Ernstfall den Vereinen und Verbänden präventive und repressive Mittel an die Hand geben, um Kinder und Jugendliche in der Sportgemeinschaft vor Übergriffen zu schützen.
(Quelle: dsj)