Todestag von Robert Enke: Das Thema Depression ist öffentlich
Vor einem Jahr nahm sich Fußball-Nationaltorhüter Robert Enke das Leben. Das Thema Depression – nicht nur im Sport – ist seitdem öffentlich geworden.

17.11.2010

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der Liga-Fußballverband (DFL) und Bundesligaklub Hannover 96 haben die Robert-Enke-Stiftung gegründet, um Maßnahmen und Einrichtungen zu fördern, die der Aufklärung über die Krankheit Depression und von Kinder-Herzkrankheiten sowie deren Erforschung oder Behandlung dienen.
Die Stiftung mit Sitz in Barsinghausen bei Hannover nahm im März 2010 ihre Arbeit auf; ihr Kapital ist auf fast eine Million Euro angewachsen. Vorstandsvorsitzende ist Enkes Witwe Teresa Enke, dem Stiftungsrat gehören DFB-Präsident Theo Zwanziger, Reinhard Rauball, Präsident der DFL, und Martin Kind als Präsident von Hannover 96 an. In der vorigen Woche hat Bundesgesundheitsminister Phillip Rösler den Vorsitz des Kuratoriums der Stiftung übernommen.
Das Thema Depression im Leistungssport hat aber auch noch zu anderen Initiativen geführt. So wird auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Ende November in Berlin ein neues Fachreferat „Sportpsychiatrie“ eingerichtet: „Wir wollen zusammen mit der Enke-Stiftung Trainer und Vereinsleute so schulen, dass sie Symptome früher erkennen und ihren Sportlern eine Behandlung nahe legen“, sagt Prof. Frank Schneider (TU Aachen), der Präsident der DGPPN.
In seinem Buch „Robert Enke. Ein allzu kurzes Leben“ schreibt der in Barcelona lebende Sportreporter und Schriftsteller Ronald Reng: „Robert Enkes Tod offenbarte den meisten von uns, wie wenig wir von dieser Krankheit Depression verstehen. Den anderen von uns, und das waren erschreckend viele, wurde schlagartig bewusst, wie wenig wir über Depressionen sprechen können“. Das Buch (erschienen bei Piper; 426 Seiten, 19,95 Euro), das seit Wochen in den Bestsellerlisten steht, war schon zu Lebzeiten von Enke geplant. Reng und er wollten, nach der Beendigung der Torwartkarriere Enkes, die Biografie gemeinsam erzählen und dabei die Krankheit offenbaren.
Die Berliner Schriftstellerin und Professorin für Verssprache Ines Geipel greift in ihrem Buch „Seelenriss“ (erschienen bei Klett-Cotta; 240 S., 18,95 Euro) das Thema „Depression und Leistungsdruck“ (Untertitel) anhand von mehreren Biografien in unterschiedlichsten Lebens-umständen auf. Am Anfang steht hier Robert Enke, der wie die Autorin und ehemalige Weltklasse-Sprinterin einst in Jena zu Hause war. Ines Geipel durchleuchtet die Profistationen von Enke – ganz am Ende des Beitrags mit dem Titel “Mehr Siege, mehr Tore, mehr Netto“ zeichnet sie dann auch sein Gesicht noch einmal sehr genau nach, das vielen so in Erinnerung geblieben ist: „Sein Kopf ist kahlgeschoren, er ist blass und wirkt hagerer als sonst. Beide Jochbeine treten markant hervor. Unweigerlich muss man an das Wort Gestaltwandel denken. Wollte hier etwas sichtbar werden, wovon nicht gesprochen werden durfte?“
Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover wird in Kürze eine Straße nach Robert Enke benennen: Das bisherige Arthur-Menge-Ufer am Maschsee – im Gedenken an den ehemaligen Oberbürgermeister von Hannover in den Jahren von 1925 bis 1937 bislang so bezeichnet – soll dafür umbenannt werden. Dann werden das Stadion und die Geschäftstelle von Hannover 96 über die Robert-Enke-Straße zu erreichen sein.
Am 8. Dezember 2010 wird Teresa Enke bei einem Festakt in Hannover mit dem Leibniz-Ring ausgezeichnet. Damit wird ihre „beispiellose Offenheit“ gewürdigt, mit der sie über die Krankheit ihres Mannes sprach. Der Leibniz-Ring wird seit 1997 vom Presse Club Hannover an Menschen vergeben, die „besondere Zeichen gesetzt haben“. Zu den früheren Preisträgern gehören Roman Herzog, Regisseur Sönke Wortmann, UN-Chefinspektor Hans Blix und Ingeborg Schäuble, die Vorsitzende der Deutschen Welthungerhilfe.