Zum Inhalt springen

Stützpunktverein bringt Step-Aerobic in die Moscheen

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

17.02.2010

    Dreimal in der Woche tauschen muslimische Frauen in Hannover den Kaftan gegen Sportbekleidung. Um die Gesundheit von Frauen mit Migrationshintergrund zu fördern, ist ein Verein in Niedersachsen einen ungewöhnlichen Weg gegangen. Der BSV Langenhagen bringt den Gesundheitsport zu den Frauen in die Moscheen. Wegen dieses Engagements wird der BSV ab 2010 als Stützpunktverein im Programm „Integration durch Sport“ unterstützt.

    „Ich war es leid zu sehen, dass in unserer Gesellschaft zwar Toleranz gegenüber anderen Religionen gepredigt wird, aber wenn es darum geht, benachteiligte Menschen aus anderen Kulturkreisen zu unterstützen, passiert nichts“, sagt Nicole Riesch, 1. Vorsitzende des BSV Langenhagen. Kurz entschlossen gründete sie eine Sportgruppe für Muslima, entwarf Flyer für die Werbung und hängte diese in türkischen Lebensmittelläden und Restaurants aus.

    „Zum ersten Termin kamen gleich zehn Frauen“, erinnert sich Nicole Riesch. Die Männer im Verein wurden für die Dauer des Kurses vom Sportbetrieb ausgeschlossen. „Dafür habe ich viel Unverständnis geerntet“, sagt Nicole Riesch. Dabei hatte sie extra den im Verein schlecht frequentierten Freitagabend für den Kurs ausgewählt. Sie ließ sich trotz aller Widerstände nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Das hat sich gelohnt. „Die Frauen, die kamen, hatten innerhalb kürzester Zeit weniger gesundheitliche Beschwerden“, erzählt sie. „Sie haben Gewicht verloren und angefangen ihre Kaftane und Kopftücher abzulegen.“

    BSV geht neue Wege

    Angespornt durch diesen Erfolg wollte Nicole Riesch auch die Frauen erreichen, die nicht von sich aus den Weg in einen deutschen Sportverein finden. So entstand die Idee, Sportgruppen in Moscheen zu gründen. Dafür konnte sie die SCHURA e. V. – Vereinigung aller Moscheen in Niedersachsen – als Kooperationspartner gewinnen. Im Bezirk Linden hat es angefangen. Nachdem der dortige Imam zugesagt hatte, konnte es losgehen.
     
    Inzwischen leitet Nicole Riesch je vier Gruppen à 12 bis 15 Frauen in drei Moscheen. Drei Mal in der Woche bugsiert sie Matten und Stepper quer durch Hannover und fährt von Übungsgruppe zu Übungsgruppe. „Wenn ich neue Frauen in den Moscheen trainiere, dann sind sie in der Regel komplett verhüllt“, sagt sie. „Meistens habe ich sie jedoch bald so ins Schwitzen gebracht, dass sie von sich aus einen Teil ihrer Kleidung ablegen. Das machen die Frauen dann vielleicht drei Mal mit und dann kommen sie gleich mit T-Shirt und Sporthose.“

    Zu Beginn war es um die Fitness der Teilnehmerinnen alles andere als gut bestellt. „Die Frauen hatten null Kondition – die meisten waren adipös und hatten total degenerierte Muskeln“, berichtet Nicole Riesch. „Durch die frühen Schwangerschaften haben viele Probleme im Beckenbodenbereich. Die Frauen haben Rückenprobleme, sehr häufig Beschwerden im Schulter- und Nackenbereich und gesunde Bewegungsabläufe sind ihnen gar nicht bekannt.“ Doch die Erfolge lassen in der Regel nicht lange auf sich warten. „Gerade bei den Menschen, die total desolat zu uns kommen, sehen wir die Fortschritte sehr schnell“, sagt Nicole Riesch. „Inzwischen machen wir in den Kursen sehr komplizierte und anstrengende Aerobic-Choreographien und die Muslima sind super dabei.“

    Nicole Riesch hat noch viele Pläne: “In Zukunft würde ich auch gerne Kurse für Hochaltrige anbieten. Da ist noch besonderer Entwicklungsbedarf“, sagt sie. Dafür wird sie jedoch zusätzliche Trainerinnen benötigen. Die könnten nun sogar aus den eigenen Reihen kommen: Drei Frauen aus den Sportgruppen in den Moscheen wollen inzwischen selbst Übungsleiterinnen werden.

    Title

    Title