Sport-Biografien von Aschenbach bis Weisweiler
Weihnachtszeit ist Lesezeit – wie wäre es mal mit einer Sport-Biografie? In der folgenden Übersicht wird eine kleine Auswahl von neueren Sport-Biografien vorgestellt.

23.12.2014
Immer mehr Sportlerinnen und Sportler fertigen eine solche an oder lassen sie sich nach der Beendigung ihrer Karriere oder schon vorher auf dem Höhepunkt der sportlichen Laufbahn schreiben. Immer häufiger greifen auch Trainer, Journalisten und andere „Macher“ des Sports zur Feder und geben uns Einblicke in ihr Schaffen im und für den Sport. Jede Biografie ist immer auch ein Stück (sportbezogene) Zeitgeschichte, die wir bei der Lektüre noch einmal Revue passieren lassen können.
In der folgenden Übersicht wird eine kleine Auswahl von neueren Sport-Biografien knapp vorgestellt, die in den letzten drei Jahren erschienen sind. Dabei wurde weniger auf Vollständigkeit in der Vielzahl der Bücher, sondern mehr Wert darauf gelegt, die Vielfalt der biografischen Laufbahnen widerzuspiegeln, die uns vieles vom Leben mit Sport erzählen. Sie sind hier alphabetisch nach dem Namen der Persönlichkeiten des Sports angeordnet:
Hans-Georg Aschenbach
Hans-Georg Aschenbach gilt als sogenannter Sportverräter der DDR. Als Skispringer wurde er Olympiasieger und Weltmeister, als Offizier der Nationalen Volksarmee studierte er Medizin, und als Arzt der DDR-Nationalmannschaft nutzte im August 1988 die Flucht in den Westen. Als er später seine Stasi-Akte inspiziert, wird ihm klar, dass er entführt werden sollte. Der 9. November 1989 hat ihn gerettet. Heute lebt der 63-jährige Hans-Georg Aschenbach in Freiburg, wo er als praktischer Arzt und Arzt für Sportmedizin in eigener Praxis tätig ist.
Hans-Georg Aschenbach mit Hendrik Rümenap: Euer Held. Euer Verräter. Mein Leben für den Leistungssport. Halle 2012: Mitteldeutscher Verlag. 192 Seiten; 19,95 Euro.
Waldemar Hartmann
Waldemar Hartmann war über 30 Jahre als Sport-Moderator bundesweit auf Sendung – legen-där und bis heute für viele unvergessen ist der 6. September 2003, als „Waldi“ einen in einem provisorischem Fernsehstudio in Reykjavik Bundestrainer Rudi Völler interviewte – wer erinnert sich nicht? Im Buch erfahren wir aber auch vieles mehr u.a. über den beruflichen Werdegang des gebürtigen Nürnbergers, der sich zunächst als Sportjournalist unter dem Pseudonym Hart-mut Waldmann in Augsburg einen Namen machte und selbst über eine durchaus ambitionierte Karriere als Handballspieler (u.a. beim 1. FC Nürnberg) verfügt.
Waldemar Hartmann: Dritte Halbzeit. Eine Bilanz. München 2013: Heyne. 368 Seiten; 19,99 Euro.
Samuel Koch
Samuel Koch ist ein ambitionierter Leistungsturner und Bewegungskünstler, der schon als Kind einen Stuntkurs besucht, wo er seine erlernten turnerischen Fähigkeiten als Risiko-Darsteller einbringen kann. Samuel Koch ist aber zugleich ein sportlicher Allrounder, der ebenso Spaß hat am Laufen und Reiten wie am Schwimmen und Skifahren. Nach dem Abitur studiert er Schau-spiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover – bis am Samstag, dem 4. Dezember 2010 in der ZDF-Sendung „Wetten, dass ..?“ ein Moment alles ändern sollte im Leben von Samuel Koch. Der missglückte Sprung mit den „Poweriser“ fesselt ihn seitdem an den Roll-stuhl.
Christoph Fasel: Samuel Koch. Zwei Leben. Mit einem Vorwort von Thomas Gottschalk. München 2012: adeo Verlag. 206 Seiten; 19,80 Euro.
Thorsten Legat
Thorsten Legat wurde als Kind von seinem Vater oft ohne Not verprügelt und jahrelang sexuell missbraucht. Diese traurigen Kindheitserlebnisse verarbeitet er in seiner Biografie und schildert, wie ihm der Fußball half, seinen eigenen Lebensweg zu finden, und wie später Hermann Gerland in Bochum sein Ersatzvater wurde. Thorsten Legat war „als harter Hund“ zwischen 1986 und 2001 Fußballprofi beim VfL Bochum, Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart und zuletzt (Sportinvalide) bei Schalke 04.
Thorsten Legat (in Zusammenarbeit mit Hubert Meyer): Wenn das Leben foul spielt. Göttingen 2014: Verlag Die Werkstatt. 220 Seiten; 19,90 Euro.
Joachim Löw
Joachim Löw kennt jeder – spätestens seit dem Gewinn des Weltmeistertitels am 13. Juli 2014 in Rio de Janeiro. Sein Name steht in der Ahnenreihe zusammen mit Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer. Das Taschenbuch, kurz nach der WM im Sommer erschienen, erzählt vom Menschen Jogi Löw, seiner Heimat-Verbundenheit zum Schwarzwald, wo er als Sohn eines Ofensetzmeisters in Schönau zur Welt kam. In 18 Kapiteln wird der Weg nach oben (als Spieler und als Trainer) nachgezeichnet und die Löwsche Fußball-Philosophie beleuchtet.
Christoph Bausenwein: Joachim Löw. Ästhet, Stratege, Weltmeister. Göttingen 2014: Verlag Die Werkstatt. 416 Seiten; 16,90 Euro.
Reinhold Messner
Reinhold Messner ist nicht nur Kletterkünstler, er verfügt auch über ein großes Talent als Sprachkünstler. Das hat er in über 20 Büchern schon reichlich bewiesen, und das stellt er einmal mehr in seiner neuesten Biografie unter Beweis. Allein die drei Kapitelüberschriften (Üb erleben, Überleben und über Leben) sind feinsinnig gewählt. Dass sich das Buch aus 70 einzelnen Texten zusammensetzt, versteht sich fast von selbst: Messner ist am 17. September 70 Jahre alt geworden. Jeder Text hat einen Begriff als Titel. Messner erläutert, wie und warum diese Begriffe ihm in seinem Leben wichtig geworden sind.
Reinhold Messner: Überleben. München 2014: Malik. 336 Seiten; 23,70 Euro.
Magdalena Neuner
Magdalena Neuner zählt mit zehn Weltmeistertiteln, zwei Olympiasiegen und mehr als 40 Welt-cup-Erfolgen zu den erfolgreichsten Biathletinnen überhaupt. Im Alter von 24 Jahren hat die populäre bayerische Wintersportlerin, die 2007 und 2011 zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt wurde, 2012 ihre Traumkarriere im Leistungssport beendet. In der Biografie der beiden Winter-sport-Experten Florian Kinast und Patrick Reichelt wird Magdalena Neuners Laufbahn auf Skiern noch einmal von den Anfängen bis hin zur Abschieds-WM 2012 „vor der Haustür“ in Ruhpolding lebendig. Wir erfahren aber auch etwas über das Leben der Magdalena Neuner außerhalb der Skipiste.
Florian Kinast & Patrick Reichelt: Danke Lena! Die Traumkarriere der Magdalena Neuner. München 2012: Copress Verlag. 216 Seiten; 19,90 Euro.
Peter Neururer
Peter Neururer kann als einer der dienstältesten Trainer im Profifußball in Deutschland bezeich-net werden. Seine Laufbahn begann im Jahre 1987 bei Rot-Weiss Essen, seine aktuelle und derzeit 13. endete gerade beim VfL Bochum, jenem Verein, der ihn neben Hannover 96 bereits zum zweiten Male verpflichtete. Dazwischen liegen weitere Stationen beim FC Schalke 04, Her-tha BSC, dem 1. FC Köln etc. Davon wird im Buch erzählt – auch davon, wie Peter Neururer 1983 in einer Nacht 120.000 DM verliert und damit „Alles auf null stellt“ (Kapitelüberschrift).
Thomas Lötz: Peter Neururer. Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers. Bielefeld 2012: Delius, Klasing & Co. 188 Seiten; 19,90 Euro.
Lukas Podolski
Lukas Podolski kam als Zweijähriger 1987 mit seiner Familie aus Polen nach Deutschland: „der Fußball war es schließlich, der mir geholfen hat, mich in Deutschland zu Haue zu fühlen“, schreibt er schon auf Seite 20 im Buch. Seine Karriere begann er „Straßenfußballer“, die ersten Vereinsstationen waren Bergheim 07 und als D-Jugendlicher dann der 1. FC Köln. Mit seinem Werk „Dran bleiben!“ möchte er anderen Jugendlichen Mut machen, ihr Talent (auch außerhalb des Fußballs) zu entdecken und beharrlich weiterzuentwickeln. Pro verkauftes Buch geht ein Euro an die Lukas Podolski Stiftung für Sport und Bildung.
Lukas Podolski: Dran bleiben! Warum Talent nur der Anfang ist. Mit einem Vorwort von Jogi Löw. Stuttgart und Wien: Gabriel Verlag. 270 Seiten; 19,90 Euro.
Fritz Sdunek
Fritz Sdunek ist einer der erfolgreichsten Boxtrainer der Welt. Seine ersten Erfolge erzielte er zu DDR-Zeiten im Stab der Nationalmannschaft, bevor er 1994 zum Universum-Stall wechselte und dort u.a. die Klitschko-Brüder, Dariusz Michalczweski und Ralf Rocchigiani zu Weltmeistern im Ring machte. Der 1947 in Lüssow bei Greifswald geborene Sdunek erzählt sein „Leben am Ring“ in zwölf Runden und fortlaufend durchsetzt mit netten „verbalen Attacken“ von guten Freunden sowie eingeleitet im „Warm-up“ von der furchtbaren Diagnose Hautkrebs, die Sdunek 2007 ereilt hat.
Fritz Sdunek mit Björn Jensen: Durchgeboxt. Mein Leben am Ring. Berlin 2012: Schwarzkopf & Schwarzkopf. 396 Seiten; 19,95 Euro.
Jens Weißflog
Jens Weißflog ist einer der erfolgreichsten Skispringer der Welt: Seine erste Goldmedaille bei Olympischen Spielen gewann er als DDR-Athlet 1984 in Sarajevo, danach folgten u.a. WM-Siege und bei der Vierschanzentournee, Weltermeistertitel und eine weitere Goldmedaille 1994 in Lille-hammer, bevor er am 15. Juni 1996 beim Abschiedsspringen in Oberwiesenthal seine Karriere beendete und dort vier Monate später das Hotel „Jens Weißflog“ eröffnete. Das Buch folgt in sei-ner Gliederung dem Ablauf eines Skisprunges – die Kapitel lauten demnach: Anfahrt, Absprung, Flugphase, Landung und Auslauf.
Jens Weißflog (mit Egon Theiner): WEISSFLOG. Geschichten meines Lebens. 304 Seiten; 24,90 Euro.
Hennes Weisweiler
Hennes Weisweiler wäre am 5. Dezember 95 Jahre alt geworden. Der Bild-Text-Band ist eine Hommage an den großen Trainer, der mit Borussia Mönchengladbach als „Fohlenelf“ in den 1970er Jahren dreimal Deutscher Meister und 1975 UEFA-Cup-Sieger wurde. Hennes Weiswei-ler war ab 1953 zentraler Prüfungsleiter für die Trainerausbildung im Deutschen Fußball-Bund (DFB); als Dozent der Deutschen Sporthochschule Köln war er von 1957 bis 1970 für die DFB-Fußbal-Lehrer-Ausbildung zuständig – jene Einrichtung, die heute ihm zu Ehren seinen Namen trägt. Im Buch schreiben enge Weggefährten wie u.a. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Berti Vogts, Günter Netzer und seine Nachfolger in der Trainerausbildung in Köln, Gero Bisanz, der am 17. Oktober 2014 verstorben ist.
Günter Giersberg (Hrsg.): Hennes Weisweiler. Göttingen 2014: Verlag Die Werkstatt. 144 Seiten; 19,90 Euro.
(Quelle: DOSB-Presse, Ausgabe 50)