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Mit Andrea Petkovic ein Jahr lang unterwegs

In ihrem Buch mit dem Titel „Zeit, sich aus dem Staub zu machen“ beschreibt Andrea Petkovic das letzte Jahr ihrer Karriere als Monatsbuch.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

28.08.2024

Andrea Petkovic winkt ins Publikum auf einem Tennisplatz Foto: picture-alliance

Tagebücher kennen alle und schreiben viele. Aber ein Monatsbuch über ein ganzes Jahr? Das klingt schon eher ungewöhnlich, zumal wenn es eine Leistungssportlerin schreibt, die wir von ihren Spielen auf den Tennisplätzen der Welt kennen … dabei schreibt sie vordringlich gar nicht über irgendwelche ihrer (erfolgreichen) Spiele. In ihrem Buch mit dem Titel „Zeit, sich aus dem Staub zu machen“ geht es demnach ausgerechnet um das letzte Jahr ihrer Karriere. Wir dürfen diese Tennisspielerin quasi auf ihrer Abschiedstournee literarisch begleiten. Wovon genau die Rede ist? Von der Weltranglisten-Tennisspielerin Andrea Petkovic aus Darmstadt, die im Jahre 2020 mit ihren Erzählungen „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“ (Titel) debütierte und dafür in den literarischen Feuilletons gefeiert wurde.

Im Jahre 2022 hat sich Andrea Petkovic aus dem (Tennis-) Staub gemacht. Ihr Werk dazu ist chronologisch aufgebaut und beginnt mit dem Kapitel „Januar“. Da ist ihr Entschluss bereits gefallen, dass dieses Jahr das letzte in ihrer Profi-Karriere sein würde: „Die Zweifel an meinem Körper machten meinen Körper zusätzlich schwächer“. Solche Selbst-Inspektionen ziehen sich durch das komplette Jahrbuch – auf Seite 80 beispielsweise mit dem Zwischen-Fazit: „Im Sport ist man mit Mitte vierzig seit circa zehn Jahren im Ruhestand“.

Im Herbst der Karriere der Andrea Petkovic, die es in den Jahren 2011 und 2014 bis unter die besten zehn Spielerinnen der Weltrangliste schaffte, umfasst der Monat September sogar zwei Kapitel, markiert mit römisch „I“ und „II“: Zuerst in „September I“ noch einmal die bewährte Erfolgsgewissheit, die sich dann am ehesten einstellt, wenn man im Flow spielt: „Am besten spielt man, wenn man über keinen der physisch gerade ablaufenden Prozesse nachdenkt.“ Aber schon wenige Seiten später in „September II“ kommen erhebliche Zweifel dazu: „Langsam bekomme ich es mit der Angst zu tun, dass das letzte Match meiner Karriere auch gleichzeitig das schlechteste werden könnte“.

Andrea spielt „ein gutes Match“ (A.P.). Doch ihre Gegnerin „ist zu gut“. Das Ergebnis lautet: „Sie besiegt mich. Das war’s. Mein letztes Match. Mein letztes Match als professionelle Tennisspielerin. Es ist vorbei. Es ist okay.“ Das Finale ist aus, aus, aus, aus … Der Morgen danach – wir sind mit der Lektüre schon im Monat „Oktober“ auf Seite 142 angekommen – „ist ein Morgen der elementaren Freiheit“. Andrea begrüßt uns als „Rentnerin“, die „immer Zeit“ hat – auch und erst recht Zeit, noch mehr in ihren Körper hineinzuhorchen: „Seit ich aufgehört habe, Tennis zu spielen, habe ich das Gefühl, dass mein Körper zum ersten Mal mir gehört“.

Im Rückblick betrachtet sich Andrea als „zwanzig Jahre lang körperlich dauererschöpft“. Im Ausblick weiß sie aber nun nicht mehr, wozu sie noch Sport treiben soll. In ihrem bisherigen Berufsleben am Arbeitsplatz Tenniscourt hatte alles einen bestimmten Grund. Jetzt stellt sich für Andrea Petkovic eine ganz andere Sinnfrage: „In welchem Leben bin ich gelandet?“. Erste Antworten dazu wird sie uns hoffentlich in Kürze wieder literarisch vorlegen. Sie könnte damit ihre (erste) Trilogie beenden … und wäre vermutlich die erste (deutsche) Sportlerin, die uns ihren Sport und den „Alters-Ausstieg“ daraus so nah und so selbstreflexiv darbietet.  

Andrea Petkovic: Zeit, sich aus dem Staub zu machen. Köln 2024: Kiepenheuer & Witsch. 218 S.; 23 €; ISBN 978-3-462-00626-1

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

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