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Kunstradfahr-Bundestrainer Heinz Pfeiffer gestorben

Der erfolgreichste aller Bundestrainer ist tot: Heinz Pfeiffer, Goldschmied der Kunstradfahrer, verstarb im Alter von 83 Jahren. Ein Nachruf von Klaus Angermann:

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

06.01.2016

Als 1962 Schwenningen noch eine Uhren-Metropole war und Heinz Pfeiffer als Diplom-Techniker einer von 8 000 Mitarbeitern in dieser Kunst der Feinmechanik, erreichte den damals 30jährigen der Ruf des Deutschen Sportbundes (DSB), der erste Bundestrainer der Kunstradfahrer zu werden. Der Meister der Uhren nahm das Angebot an und wurde damit, auf Honorarbasis, zugleich einer der allerersten Bundestrainer im Sport der Bundesrepublik überhaupt. Und auch, wie wir anhand der Medaillen wissen, zum bis heute erfolgreichsten.

Unter Heinz Pfeiffers Regie entwickelte sich die kleine Sparte der nicht-olympischen Künstler auf dem Fahrrad zur erfolgreichsten Disziplin im Bund Deutscher Radfahrer. In den 32 Jahren seiner Tätigkeit (1962 -1994) erkämpften seine Schützlinge bei Welt-und Europameisterschaften in den vier Disziplinen Einer und Zweier 89 Mal Gold, 89 Mal Silber und 37 Mal Bronze. Eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen, die Heinz Pfeiffer neben Bundesverdienstkreuz und Silbernem Lorbeerblatt auch den Ehrentitel „Goldschmied honoris causa“ einbrachte.

Am Silvestertag des alten Jahres ist dieser „Goldschmied ehrenhalber“ nun in seiner Heimatstadt Schwenningen ruhig eingeschlafen. Nach einem ereignisreichen, überaus erfolgreichem 83jährigen Leben, das, über Jahrzehnte, dem Sport und der Kommunalpolitik der Doppelstadt Villingen-Schwenningen gewidmet war.

Ursprünglich Turner und Fussballspieler, schloss sich Heinz Pfeiffer, noch ein Bub, den Kunstfahrern des Radsportvereins 1906 Schwenningen an. Für diesen gewann er sieben Deutsche Meistertitel, wurde er einmal Europameister (1955) und  - als Krönung - zweimal Weltmeister (1958 und 1959).

„Der Heinz“ wusste also wovon er sprach, wenn er seine Radathleten zu Lehrgängen rief und bei den Titelkämpfen betreute. Namen wie Manfred und Dieter Maute (der heutige Bundestrainer), Willi Eichin, Harry Bodmer (jetzt BDR-Vizepräsident), wie Gerhild Bauer und Annemarie Flaig klingen aus dieser Zeit nicht nur dem Kenner noch im Ohr. Ebenso die der „Zweier“  Monschau/Weinreis, Dreher/Jurisch; Laigre/Moritz, der Zwillingsschwestern Jiskra und und und...

Heinz Pfeiffers Stärke waren Fachwissen und Menschenführung; Geduld, Hingabe und viel Gefühl. Er achtete die Arbeit der Vereinstrainer, baute gewissermaßen auf deren „Vorgaben“ auf; formte und verfeinerte sie zur Vollendung - zum vielfachen Edelmetall auf internationalem Parkett. Seine Sportler mochten ihn: weil er gerecht und fair war, stilvoll und einfühlsam. Ein Gentleman. Und weil der Trainer gelegentlich mit ihnen auch mal „die Sau raus“ ließ... All diese Komponenten führten dazu, dass Deutschland zur führenden Nation im Kunstradfahren erwuchs. Dabei ist es bis heute geblieben.

Auf regionalem Terrain, in Villingen/Schwenningen und im Schwarzwald-Baar-Kreis engagierte sich Heinz Pfeiffer für die SPD als Lokalpolitiker. 46 Jahre war er in der Doppelstadt ehrenamtlicher Gemeinderat; vertrat den Oberbürgermeister als „Vize“ bei vielen Anlässen. Fast ebenso lange, 39 Jahre, war er im Kreistag tätig.

Pfeiffer - allzeit engagiert, hilfsbereit und ohne Allüren -  war kein engstirniger Lokalpatriot, sondern, Parteien übergreifend, „mit den Menschen auf Augenhöhe unterwegs“. Heisst es u.a. in den vielen Nachrufen auf „einen der beliebtesten Bürger der Stadt“.

Hochaktuell in dieser Zeit, hinterläßt er zudem einen Satz, ein Credo, das wie ein Vermächtnis klingt: „ Integration ist eine Aufgabe für alle Bürger“.

Für die Bürger Schwenningens wirkte Heinz Pfeiffer auch „außerpolitisch“. So leitete der allzeit Drahtige, Elegante 51 Jahre lang eine Frauen-Gymnastikgruppe. Für die Arbeiterwohlfahrt gab er, fast bis zuletzt, Unterricht in Atmungs-und Funktionsgymnastik.

„Ganz nebenbei“ trat Heinz Pfeiffer auch bei Schaufahren auf - mit seiner sportlichen Frau Maria als „Das (Kunst-)Radfahrende Ehepaar“. Auf Sohn Hardy haben sich diese Gene wohl nicht übertragen. Der hörte schon als Zehnjähriger mit dem Kunstfahren auf... „Weil der Vater wohl etwas zu streng mit mir war“, erinnert sich der 56jährige.

Und wenn sich abschließend der Autor äußern darf: Heinz Pfeiffer war für den  Fernsehjournalisten Klaus Angermann 31 Jahre lang ein Traum-Partner. Sein Verständnis und Entgegenkommen - einzigartig. Wie seine Persönlichkeit.

Der „Goldschmied h.c.“ war ein Trainer wie es nur wenige gab - ein Vorbild und Idol wie Gustav Kilian, wie Otto Ziege (beide Radsport) und Sepp Lenz (Rennrodeln). Adieu, lieber Heinz Pfeiffer!

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