„Ich wollte die andere Hälfte der Familie kennenlernen“
Folge 4 der Podcast-Serie „Halbe Katoffl Sport“, eine Kooperation zwischen dem Bundesprogramm „Integration durch Sport“ und dem Podcaster Frank Joung, stellt Alexandra Ndolo vor.
15.05.2020
Alexandra Ndolo, in Bayreuth als Kind eines Kenianers und einer Polin geboren, ist durch das Coronavirus wie so viele andere Spitzensportler*innen mitten aus der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio gerissen worden. Im Halbe-Katoffl-Sport-Podcast spricht die Fechterin über die ungewisse sportliche Situation, den Schießkeller ihrer Schule, die Fecht-Begeisterung in Kenia – und warum sie Dialoge an Baustellen manchmal glücklich machen.
Die Sportkarriere von Alexandra fing beim Modernen Fünfkampf an. Die Kombination aus Laufen, Schwimmen, Schießen, Reiten und Fechten liegt ihr. Sie ist athletisch und vielseitig. Schon früh feiert sie große nationale Erfolge. In der Schule allerdings springt sie nur so hoch, wie sie muss. Aber auch da half der Sport letztendlich. „Es war gut, dass ich Leistungssport gemacht habe. Meine Trainer haben gesagt: Wenn deine Noten zu schlecht werden, darfst du nicht mehr ins Training kommen.“
Nach einer kleinen Sportpause, in der sie sich vom Fünfkampf verabschiedet, fährt sie nach ihrem Abitur „zum Spaß“ zu den Bayrischen Fechtmeisterschaften – und gewinnt. Bei den darauffolgenden Deutschen Meisterschaften wird der Bundestrainer auf die „Quereinsteigerin“ aufmerksam und bietet ihr an, sie zu trainieren. Sie sagt zu. Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeitet sie daran, sich ihren Olympiatraum zu verwirklichen.
Einen anderen Herzenswunsch hat sie sich bereits erfüllt. Sie hat den Fechtverband in Kenia mitgegründet und es den Menschen dort ermöglicht, das Fechten zu erlernen. Auch wenn das heißt, manchmal eigenhändig Material rüberzuschaffen. „Ich liebe es, die Begeisterung dort zu sehen.“ Das Heimatland ihres Vaters hatte sie erst als junge Erwachsene bereist – das erste Mal mit ihrem damaligem Freund und ihrer Mutter. Der Vater war bereits verstorben, als Alexandra zehn Jahre alt war.
In den vergangenen Jahren hat sie eine stärkere Beziehung zu dem ostafrikanischem Land und ihrer Familie aufgebaut. „Ich wollte die andere Seite der Familie kennenlernen.“ Der Bezug zu ihrer polnischen Seite war längst da. Sie habe früher oft die Sommerferien bei ihrem Onkel in Polen verbracht und spricht auch polnisch – was bis heute bei anderen manchmal für Überraschung sorgt.
Mittlerweile hat Alexandra erkannt, dass sie all ihre Kulturen und Einflüsse in sich vereinen kann und darf. Und das sie auch all das repräsentieren kann, wenn sie für die deutsche Nationalmannschaft antritt.
Halbe Katoffln im Sport
Im vergangenen Jahr begann die Kooperation des Podcasts „Halbe Katoffl“ mit „Integration durch Sport“, es entstand die Serie „Halbe Katoffl Sport“. Der Anlass: das 30-jährige Jubiläum des vom BMI und BAMF geförderten Bundesprogramms. Es waren acht interessante, bewegende, immer auch humorvolle Gespräche mit Menschen mit nichtdeutschen Wurzeln über Themen wie Integration und Identität und die Frage, welche Rolle der Sport dabei spielte. Wegen der sehr positiven Resonanz auf den Podcast, wird die Kooperation in diesem Jahr fortgeführt. „Halbe Katoffl Sport“ erscheint immer Mitte des Monats. Die neuen Folgen kann man hier hören.
(Quelle: Marcus Meyer)