Hörmann: „Scheitern der Reform steht nicht zur Debatte“
Der DOSB will die Leistungssportreform wie geplant umsetzen. „Ein Scheitern steht nicht zur Debatte“, sagt Präsident Alfons Hörmann im Interview mit dem SID.

11.05.2018
Alfons Hörmann, die Spitze des DOSB hat am Mittwoch (9. Mai, die Red.) mit seinen Mitgliedsverbänden die Leistungssportreform diskutiert. Zu welchem Ergebnis sind Sie dabei gekommen?
Die Leistungssportreform ist lebendiger denn je. Wir hatten eine gute und konstruktive Diskussion, haben alles noch mal reflektiert, haben uns gefragt, ob alle Themen noch Bestand haben, und da kann man klar und deutlich sagen: Es gab nicht eine Wortmeldung, die die Sinnhaftigkeit der Reform in Frage gestellt hat. In der Rückbetrachtung würden wir genau gleich entscheiden und genau den gleichen Weg einschlagen, unbenommen der Tatsache, dass es auf dem langen Weg auch schwierige Passagen geben wird. Unsere Aufgabe ist es nun, die Themen zu vermitteln, damit die Partner mit uns gemeinsam an dem Thema arbeiten können. Wir arbeiten seit langem mit hoher Intensität, auch die Verbände geben alles, um die notwendigen Fortschritte zu machen. Die weiteren Schritte sind nur dann möglich, wenn der notwendige Mittelaufwuchs kommt.
Halten Sie die Forderungen des DOSB nicht für überzogen?
Wir sind dem Wunsch der Haushälter und des BMI nachgekommen und haben eine nach bestem Wissen und Gewissen kalkulierte Kostenkonsequenz des Reformpakets dargestellt. Bevor nicht die letzten Fragen - wissenschaftliches Verbundsystem, Steuerung der Olympiastützpunkte, Athletenförderung - geklärt sind, gibt es keinen Menschen auf der Welt, der abschließende Kalkulationen machen kann. Alles, was wir tun können, ist ein möglichst optimales Antizipieren eines Mittelbedarfs. Das BMI hat nennenswerte Bestandteile unserer Kalkulationen in die Beantragung der Mittel im Bundesfinanzministerium übernommen - da möchte ich doch den Eindruck widerlegen, dass der Sport in irgendeiner Form maßlos gefordert hat.
Und was passiert, wenn das BMI auf seiner Einschätzung beharrt und den Wünschen des DOSB auch nachträglich nicht nachkommen sollte?
Unsere Überzeugung ist und bleibt, dass ein Mittelaufwuchs, der weit über dem liegt, was jetzt in Aussicht gestellt ist, notwendig sein wird, um das gesamte Reformpaket umzusetzen. Wenn das nicht der Fall ist, können bestimmte Themen schlicht nicht umgesetzt werden. Ein Beispiel: Die Athletenförderung, die Frage der Trainerfinanzierung oder, dass jeder Bundesstützpunkt einen hauptamtlichen Stützpunktleiter haben soll. Deshalb haben wir den neuen Bundesinnenminister gebeten, einen großen Runden Tisch gemeinsam mit den Verbänden und allen anderen Reformteilnehmern zu initiieren und die letztendlichen Entscheidungen zu treffen.
Und das alles soll wann genau stattfinden?
Wir sind in Terminabstimmung und Koordination. Wir befinden uns in einem intensiven Dialog und werden in den kommenden Wochen genau in die Form von zielführenden Gesprächen einsteigen.
Unabhängig von Zeitpunkt und Ausgang dieser Gespräche: Die Situation dürfte alle Beteiligten frustrieren.
Es ist eine Gesamtgemengelage, die alles andere als Freude bereitet. Wir würden uns ein anderes Szenario wünschen. Das ist eine typische, steinige Passage. Ich habe die Sitzung trotzdem nicht als Krisensitzung empfunden, sondern als hochkonstruktiv und zukunftsweisend.
Welche Schuld tragen Sie oder der DOSB daran, dass die Reform eineinhalb Jahre nach dem Beschluss zur Umsetzung an vielen Punkten stockt?
Die Dinge sind auf dem Weg. Bei jedem offenen Punkt herrscht durchaus die Klarheit, wer was wann getan oder nicht getan hat. Da sage ich deutlich, scheuen wir einen intensiven Dialog und eine messerscharfe Analyse nicht, weil wir Tag und Nacht an den Themen arbeiten.
Wie bewerten Sie die Beurteilung des Bundesrechnungshofs, der dem DOSB und den Reformpartnern ein schlechtes Zeugnis ausstellte und betonte, dass eine größere Aufstockung der Förderung an die Umsetzung der Leistungssportreform geknüpft sein soll.
Dass der Bundesrechnungshof aus seiner Position zu einer kritischen Betrachtung kommt, ist nicht weiter überraschend. Der Bericht stammt aus dem vierten Quartal 2017, es ist ein laufender Prozess. Ein Bericht über den Ist-Stand von heute würde schon wieder anders ausfallen.
Können Sie ein Scheitern der Reform gänzlich ausschließen?
Ein Scheitern der Reform steht nicht zur Debatte. Wir glauben an die Leistungssportreform, wir sehen sie als notwendig, wir sehen die Eckpunkte als die richtigen. Wir wollen und werden mit allen Partnern daran arbeiten, dass wir in die professionelle Umsetzung kommen. Die Frage 'Was wäre wenn' stellt sich nicht, weil das "Wenn" nicht eintreten wird.
Begrüßt der DOSB die Versetzung des BMI-Sportabteilungsleiters Gerhard Böhm oder hat der DOSB dessen Verabschiedung in den Ruhestand gar forciert?
Wir haben uns immer mit all jenen arrangiert, die in der Verantwortung standen. So wenig das BMI in unsere Personalpolitik reinredet, so wenig tun wir das umgekehrt. Wir werden uns mit der neuen Abteilungsleiterin in der kommenden Woche treffen und gehen zuversichtlich in die Gespräche der kommenden Monate.
Um die Professionalisierung der Athletenvertretung gab es zuletzt hitzige Diskussionen. Wie ist der letzte Stand der Dinge?
Wir haben die Athleten im Fokus, wir wollen bestmöglich im Sinne der Athleten agieren. Die Athleten haben in der Vergangenheit eine wichtige Rolle im DOSB gespielt und sollen das auch künftig tun. Mit Max Hartung, dem gewählten Präsidiumsmitglied, wollen wir weiter konstruktiv zusammenarbeiten. Eine wie auch immer geartete Professionalisierung und Stärkung der Athletenkommission halte ich für unabdingbar, wertvoll und wichtig. Dafür wollen und werden wir alles tun, was dem Ziel dient. Wir müssen mit dem BMI klären, wie wir das umsetzen. Wir haben uns bis zum heutigen Tag nicht an Mitteln der Athleten bedient und werden es auch künftig nicht tun.
Mitte März startete das umstrittene Potenzialanalyse-System 'PotAS'. Bleibt das System innerhalb der Reform unangetastet?
Vor einem Jahr habe ich intensiv dafür geworben, dass PotAS zur Entfaltung kommt. Ein Erfolg der Reform ist, dass schon an der konkreten Evaluierung der Wintersportverbände gearbeitet wird. PotAS kann unheimlich hilfreich sein und wird dazu führen, dass wir an vielen Stellen Fortschritte machen.
(Quelle: SID)