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Hans Wilhelm Gäb: Der Sport wird mit dem DOSB mehr Gewicht bekommen

Hans Wilhelm Gäb war lange Zeit in führenden Positionen für den Automobilkonzern Opel tätig. Jetzt leitet er als Vorsitzender des Vorstandes die Stiftung Deutsche Sporthilfe.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

09.05.2006

   Herr Gäb, am 20. Mai fusionieren in Frankfurt der Deutsche Sportbund und das Nationale Olympische Komitee von Deutschland zum neuen Deutschen Olympischen Sportbund. Beginnt damit eine neue Ära im bundesdeutschen Sport?

 

Hans Wilhelm Gäb: Ja, das erhoffe ich. Der Sport, die größte Bürgerbewegung des Landes, wird mehr Gewicht bekommen. Der DOSB kann mithelfen, die Prinzipien des Sports, nämlich den Wettkampf nach Regeln in Respekt vor dem anderen, als ein Leitbild für die ganze Gesellschaft zu beschreiben.

 

   Was erwarten Sie von diesem Zusammenschluss der beiden Dachorganisationen zu einem einzigen Verband für den Leistungssport?

 

Hans Wilhelm Gäb: Eine zentrale Organisation wird hilfreich sein, aber es wird keine Wunder geben - zumal  Deutschland im internationalen Sport ja doch ohnehin zur Spitze gehört. Vielleicht ist sogar wichtiger als die Perfektionierung von Fördersystemen oder Verbandsstrukturen die innere Einstellung einer nachwachsenden Generation von Athleten. Sie mag erkennen, dass wir uns als Land im globalen Wettbewerb mehr anstrengen müssen. Und diese Erkenntnis könnte auch im Sport zu einer neuen Leistungsbereitschaft führen.

 

   Sie waren auch lange ein Mann der Wirtschaft. Gerade die Wirtschaft hat diese Fusion immer wieder gefordert, damit der Sport nur noch mit einer Stimme spricht. Wird sich nun das Verhältnis zur Wirtschaft verändern?

 

Hans Wilhelm Gäb: Ein geschlossen handelnder  Deutscher Olympischer Sportbund kann sicherlich Vermarktungserfolge erzielen, wenn er aus dem Begriff "DOSB" und den dahinter stehenden komplexen Strukturen einen Wertbegriff macht, mit dem sich die Wirtschaft schmücken kann. Die Gründung einer zentralen Organisation allein garantiert aber noch nicht unbedingt wirtschaftliche Erfolge.

Die Wirtschaft sucht die Verbindung mit Marken, die Ausstrahlung haben. Der DOSB muss zur Marke werden, die Werte transportiert. Das neue Präsidium wird für diesen Markenaufbau Zeit brauchen. Zudem wird die Wirtschaft sich erhoffen, durch eine Partnerschaft mit dem DOSB Kontakte zu Millionen von Vereinsmitgliedern zu bekommen. Ein solches Kommunikationsnetz zu realisieren, wird ebenfalls eine der Voraussetzungen für ein größeres Interesse der Wirtschaft sein.

 

   Viele befürchten, dass der Spitzensport den neuen Verband dominiert und den Breitensport in den Hintergrund drängt. Was muss gegen eine solche Entwicklung passieren?

 

Hans Wilhelm Gäb: Diese Entwicklung sehe ich nicht. Die großen Olympischen Fachverbände, ob Turnen oder Tischtennis, Volleyball, Leichtathletik oder Handball, die konzentrieren ihre Arbeit doch alle in erster Linie auf den Breitensport. Der deutsche Tischtennis-Bund hat 10.000 Vereine, davon bestreiten mehr als 99 Prozent Basis- und Jugendarbeit.

 

   Ähnlich wie Sie will auch der designierte DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach dem Hauptamt mehr Verantwortung übertragen. Führt in den heutigen Zeiten kein Weg mehr daran vorbei?

 

Hans Wilhelm Gäb: Die ehrenamtlichen Anführer des DOSB sollten jedenfalls eher Aufsichtsräte sein als auf Tagesbasis arbeitende operative Vorstände. Eine Organisation von 28 Millionen Menschen kann man nur steuern, wenn das  hauptamtlich tätige Management über  ein hohes Maß an Kompetenzen und Vollmachten verfügt.

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