Gelungene Integration
Allmählich lässt das Klingeln in den Ohren nach vom Lärm der Vuvuzelas. Die Fußball-WM ist Geschichte, die Spieler sind in den Urlaub verschwunden. Was bleibt?

21.07.2010

Neben der prächtigen sportlichen Leistung des deutschen Teams vor allem dies: Die Nationalelf 2010, in der elf der 23 Kicker einen Migrationshintergrund haben, und damit der Fußball allgemein gelten fortan als leuchtendes Beispiel gelungener Integration durch Sport. Die Entwicklung dahin ist in der Tat bemerkenswert. Doch so manche Bewertung dieser Tage hat sich auch gehörig verdribbelt.
Die WM-Wochen in Südafrika haben vor allem gezeigt, wie Integration auch gelingen kann: durch Leistung. Diese elf jungen Migranten spielen im Deutschlandtrikot, weil sie zu den Besten ihres Fachs gehören und sich über Jahre in den verschiedensten Auswahlteams einem sportlichen Vergleich gestellt und ihn bestanden haben.
Integration braucht auch Vorbilder, sagt dazu beispielsweise Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen. Und weil Integration auch die emotionale Identifikation mit dem Land umfasse, in dem Migranten und ihre Kinder leben, sei es „ein Glücksfall, dass Mesut Özil sich bewusst für Deutschland entschieden hat“.
Allerdings gilt auch dies: Auswahlmannschaften von Sportverbänden sind keine sozialen Projekte. Sie werden nach Kriterien bestimmt, die, vor allem im Fußball, auch geschäftliches Kalkül sind. Außerhalb des Spitzensports kann Integration durch Sport indes nur anders gelingen.
Das weltumspannende Fußballspiel scheint dafür auch an der Basis besonders geeignet zu sein. Und doch tut sich kein Graben zum übrigen Sport auf. Der Deutsche Olympische Sportbund und der Deutsche Fußball-Bund haben stets ihr gemeinsames Verständnis von Integration betont und ihren Willen, ihre Aktivitäten auf dieser gemeinsamen Grundlage voranzutreiben und zu koordinieren. Auch die übrigen Mitgliedsorganisationen im DOSB sehen sich in der Verantwortung. Der DOSB hat seine Erfahrung und sein Wissen in dem Programm „Integration durch Sport“ gebündelt, das aus dem 1989 gestarteten Projekt „Sport für alle – Sport mit Aussiedlern“ hervorgegangen ist. Die Wirksamkeit des Programms ist zuletzt 2009 von Fachleuten überprüft worden. Deren Erkenntnisse fließen schon wieder in die Arbeit ein. Denn es bleibt viel zu tun.
Der jüngste Integrationsbericht der Bundesregierung nennt folgende Zahlen: 2,8 Millionen Migrantinnen und Migranten sind Mitglieder in Sportvereinen. Das sind 10 Prozent aller Sportvereinsmitglieder - dabei sind 19 Prozent aller Menschen in Deutschland Einwanderer. Ehrenamtlich werden Migranten in Sportvereinen nur sehr selten aktiv. Sehr wenige Migrantinnen treiben in Vereinen Sport. Genau an diesen Punkten setzt der Sport an.
Integration ist nicht allein Sache des Sports. Aber der Sport ist vielleicht am besten geeignet, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern. Das Schlaglicht Fußball-Weltmeisterschaft ist da nur ein weiteres ermutigendes Beispiel von vielen.
Jörg Stratmann
Chefredakteur DOSB Medien