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Ganz schön stark (Teil 2)

Bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften waren und sind auch erfolgreiche Sportler mit Migrationshintergrund für Deutschland am Start. In einer dreiteiligen Serie stellen wir einige von Ihnen vor. (Teil 2)

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

08.04.2016

    Im zweiten Teil unserer Serie aus der Sonderausgabe "Integration durch Sport" von Sportdeutschland - Das Magazin porträtieren Frank Heike und Roland Karle den Handballer Andrej Klimovets (41) und den Gewichtheber Almir Velagic (34):

    Almir Velagic

    Ein Body-Mass-Index von 43. Damit gehört Almir Velagic laut Tabelle zu den stark Adipösen, und die Kennzahl ist mit dem dringenden Hinweis versehen: „Bitte suchen Sie umgehend einen Arzt auf.“ Der 145-Kilo-Mann kann darüber schmunzeln. Er wird weder medizinische Hilfe in Anspruch nehmen noch hat er vor, auch nur ein Gramm abzuspecken. Im Gegenteil. „Da geht noch was, ich peile 150 Kilo an.“ Velagic ist Deutschlands schwerster, stärkster (433 Kilo im Zweikampf), bester (WM-Platz sechs) und ältester Gewichtheber (34 Jahre). In Rio will er seine olympische Serie fortsetzen: Sowohl 2008 in Peking als auch 2012 in London schaffte er einen persönlichen Rekord, wurde jeweils Achter. Notiz nahm kaum einer davon, zu breit streute der Schatten des spektakulären Matthias Steiner. Eisern und geduldig hat Velagic weiter geschuftet. Er wiegt jetzt fast 20 Kilo mehr als bei seinem Olympia-Debüt – und hat die zusätzlichen Pfunde in Leistung umgewandelt. Er darf sich sogar leise Medaillenhoffnungen machen. Dabei ist der gebürtige Bosnier nur durch Zufall beim Gewichtheben gelandet. Als Panzer durch sein Dorf donnerten, floh die Familie vor dem Bürgerkrieg. Velagics Vater, der schon seit den 1970er Jahren als Gastarbeiter ins Allgäu pendelte, holte seine Familie nach Kaufbeuren. Beim dortigen Athletik-Club absolvierte der kleine Almir dann sein erstes Training – in einer Badehose. Der Zehnjährige verstand noch kaum Deutsch und dachte, sein Mitschüler hole ihn zum Schwimmen ab. „Es war ja Sommer.“

    Andrej Klimovets

    Keine Frage, als Absolvent des renommierten Sportinternats im weißrussischen Minsk brachte er Talent mit und den bulligen Körper, um sich als Kreisläufer vorm Tor den Platz freizuschaufeln. Doch als Andrej Klimovets nach der Pleite seines Duisburger Klubs OSC Rheinhausen Anfang 1998 zur SG Flensburg-Handewitt kam, hatte er auch einen ernsthaften Konkurrenten: Auf seiner Position spielte der Publikumsliebling Matthias Hahn. Kaum Chancen habe er sich damals ausgerechnet, sagt er. „Aber wir spielten beide. Seine Erfahrung hat mir geholfen, und bei Auswärtsreisen haben wir das Zimmer geteilt.“ Das Prinzip der geräuschlos erfolgreichen Achsen führte er später mit den Partnern Thomas Knorr, Mark Dragunski und Johnny Jensen fort. „Es gab nie Probleme. Ich bin nie gefragt worden, wo ich herkomme.“ Auch nicht beim DHB, mit dem Klimovets, 2005 eingebürgert, 2007 den größten Erfolg feierte: den WM-Titel im eigenen Land. Und nun? Ist Deutschland für seine Frau, seine zwei Kinder und ihn zur Heimat geworden; ob in Handewitt, in Mannheim oder mittlerweile in Pforzheim, wo er als Trainer arbeitet.

    (Quelle: Sportdeutschland - Das Magazin 1/2016)

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