Fanprojekte und sichere Stadien sollen Gewalt-Exzesse eindämmen
Gewalt und Fremdenfeindlichkeit in deutschen Fußballstadien können nur durch Fanprojekte und sichere Sportstätten eingedämmt werden. Das erklärte DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger im Sportausschuss des Deutschen Bundestages.

22.03.2007

„Die Ausschreitungen haben im Osten Deutschlands, gerade in den unteren Ligen, in dramatischer Weise zugenommen“, sagte er. „Deshalb benötigen wir effektiv arbeitende Fanprojekte in Dresden, Leipzig und anderen Orten, also unterhalb unserer Spitzenligen.“ Allerdings sei die Gewaltproblematik in ihren Ursachen vielschichtig und nicht nur isoliert auf den Fußball bezogen zu beurteilen, unterstrich er.
Dr. Zwanziger bezeichnete die gewaltbereiten „Ultras“ als soziales Phänomen. Es seien idealistisch-verblendete Fans, die treu zu ihren Vereinen ständen und dabei Polizei und DFB als Feindbilder hätten. Die Hooligans hingegen seien Gewalttäter, die auch außerhalb des Fußballs in Erscheinung träten. „Gewalt im Fußball und Gewalt in der Gesellschaft werden wir nie ganz verbannen können“, betonte der DFB-Präsident. Von den 80.000 Fußballspielen, die wöchentlich ausgetragen werden, seien prozentual nur sehr wenige durch Randale und Ausschreitungen belastet.
Die Verrohung fängt schon mit der Sprache an
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 habe die „absolute Mehrheit“ der Deutschen das Ereignis feiern wollen und deshalb Gewaltaktionen nicht zugelassen. Dennoch seien im vergangenen Sommer Versuche unternommen worden, Hakenkreuzsymbole demonstrativ darzustellen. „Das ist dann nicht gelungen, weil Bürger mit Zivilcourage eingeschritten sind“, sagte Dr. Zwanziger. Insgesamt gelte: Die Verrohung fange schon mit der Sprache an. Der DFB-Präsident kündigte Initiativen an, damit aufpeitschende Formulierungen im Sport unterbunden werden können. Allerdings seien die eine Million Ehrenamtlichen im DFB in der übergroßen Mehrheit „nun einmal keine ausgebildeten Sozialarbeiter“.
Ohne Fußball wären die Randalierer auf öffentlichen Plätzen unterwegs
Der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Peter Danckert (SPD), wies darauf hin, die Gewalt-Exzesse am Rande des Fußballs seien ein gesamtgesellschaftliches Problem. Zu bedenken sei, dass der Sport mit seinen Veranstaltungen ungewollt ein Forum für Gewaltbereite biete. Sie nutzten gerade die Anonymität in der Masse schamlos aus. Deshalb könne der Fußball allein dieses Problem nicht komplett lösen. „Hätten wir die Kultur des Fußballs nicht, wären diese Gewaltbereiten an anderen Orten unterwegs und betrieben ihr Unheil viel stärker auf öffentlichen Plätzen, in Diskotheken und in Schulen“, bekräftigte Dr. Danckert.
Nötig ist ein "Bündnis gegen Gewalt" durch Bundesliga-Spieler
„Die WM hat eindrucksvoll gezeigt, dass sozialpräventive Angebote das Fanverhalten sehr positiv beeinflussen und zu einer friedlichen Atmosphäre beitragen können“, stellte Detlef Parr, sportpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, heraus. Gewaltsame Übergriffe von Hooligans und Ultras könnten in ihrer Komplexität nicht nur durch die Polizei gestoppt werden. Nötig sei ein „Bündnis gegen Gewalt“ durch Bundesliga-Spieler, die bisher geschwiegen und nicht Flagge gezeigt hätten. Dennoch könnte der Sport dieses Problem allein nicht zukunftsweisend lösen. Detlef Parr: „Eltern und Schule müssen schon früh anfangen, den jungen Leuten die kulturellen Gepflogenheiten eines friedlichen Miteinanders in unserer freiheitlichen Gesellschaft zu vermitteln.“
Hools und Ultras sind verunsicherte Menschen
„Was medienwirksam sichtbar wird, ist nur die Spitze des Eisbergs“, unterstrich der SPD-Abgeordnete Reinhold Hemker. Langfristig erzielten präventive Angebote in der außersportlichen Jugendarbeit und in der Schule sowie eine „neue Werteerziehung“ die besten Effekte, um Gewaltaktionen wie diese auszumerzen. Hemker: „Wir müssen Unmenschlichkeit, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bekämpfen. Das war schon immer etwas, was auch in der Mitte der Gesellschaft ist. Hools und Ultras sind verunsicherte Menschen, ihre Aggressionen werden durch ihre ökonomische, soziale und psychologische Situation begründet. Sie wollen im Grunde genommen doch nur ihre Machtlosigkeit in Macht verwandeln.“ Eine entschiedene Distanzierung der großen Mehrheit müsse jedoch auch vorbeugend dazu führen, und da sei er mit dem DFB-Präsidenten einer Meinung, dass Formulierungen wie „Macht den Gegner platt“ oder „Haut sie raus“ in der Sport-Sprache unterbleiben müssten, weil diese als verbale Vorstufe zur Billigung von Gewalt verstanden werden könnten, meinte der Abgeordnete.