Eine Grundschule auf Rekordjagd
Die Carl Platz Schule Herzogenaurach schaffte 2017 sage und schreibe 486 Sportabzeichen – eine logistische Meisterleistung, wie Rektor Markus Hahn berichtet. Im Mai geht’s zur Ehrung durch den BLSV. Danach zum nächsten Meilenstein in Sachen Deutsches Sportabzeichen.

12.04.2018
Als Sportschuh-Stadt hat sich Herzogenaurach durch die hier gegründeten und beheimateten Weltmarken Adidas und Puma international einen großen Namen gemacht. Als Sportstadt wird das mittelfränkische Städtchen vor allem dank solcher Idealisten wahrgenommen, wie Markus Hahn und sein Kollegium der Carl Platz Grundschule es sind. 550 Kids besuchen hier die 1. bis 4. Klasse. Der sportbegeisterte Hahn (49) ist ihr Rektor. Und als solcher motivierte er, mit der tatkräftigen Unterstützung des ortsansässigen Sportvereins, der Turnerschaft Herzogenaurach – hier insbesondere in Person von Sportstudent Max Serger, der bei der TSH sein freiwilliges soziales Jahr leistete –, 486 Schülerinnen und Schüler dazu, das Deutsche Sportabzeichen abzulegen.
Vierhundertsechsundachtzig! Das sind 95,3 % aller Kids der Grundschule. Allein im Jahr 2017. An vier Schultagen, aus denen Hahn („als ich 2015 an die Schule kam, hatte ich den Eindruck, das Thema Sport hat noch Luft nach oben“) einfach ‚Sporttage’ machte. Eine organisatorische und logistische Meisterleistung. Und obendrein Landesrekord. Keine einzige Sportunterrichtsstunde wurde für die Abnahme abgegolten – die blieben unangetastet und blieben dem Training fürs Sportabzeichen vorbehalten. „Auf Mathe oder Deutsch verzichteten die Kids freilich lieber als auf den Sportunterricht“, weiß Hahn. In seinem Schulleiterzimmer hängen zwei zusammen geknotete Fanschals an der Wand: Der rotschwarze vom 1. FC Nürnberg und der grünweiße von Greuther Fürth – die erbitterte Lokalrivalität hat er mal eben negiert. Zusammenhalten müsse man in der Region, erklärt er. Und schon sind wir im Thema: Teamwork. Ohne Teamwork hätte diese Rekordzahl nicht erreicht werden können. Sechs Klassenlehrer, bis zu 18 Eltern pro Sporttag, die Mittelschule und das Gymnasium mit ihren Sportanlagen – alle halfen mit. Hahn indes ist – auch wenn er dies bescheiden umschreibt – ihr Initiator.
An der Carl Platz-Schule wird das Thema Gesundheit großgeschrieben. Es gibt zahlreiche Initiativen und Projekte, gestützt auf externe Berater – beispielsweise in Sachen Ernährung – und die jeweiligen Klassenlehrer. Für ihr Projekt „Klasse 2000“ hat die Schule sogar Sponsoren gefunden – so unterstützen die ortsansässigen Apotheken beispielsweise die Gesundheitsberatung für Kinder und Eltern. Der Verkauf ungesunder Snacks in den Pausen wurde eingestellt. Rund aber wird die ganze Initiative natürlich erst durch: Bewegung. Sport. Die 1. Klasse hat zwei Sportstunden pro Woche, die Klassen zwei bis vier haben drei. Die 3. Klasse verbringt davon zwei Stunden mit Schwimmen im unweiten Freizeitbad Atlantis. Entsprechende Schwimmleistungen übrigens konnten von Dritt- und Viertklässlern für das Sportabzeichen herangezogen werden. Es gibt mehrere Sport-AGs, beispielsweise für Tennis und Basketball.
Im Schuljahr 2015/2016 packte Hahn das Unterfangen Sportabzeichen an. Er begann mit zwei 2. Klassen, die er im Fach Sport unterrichtete. Heraus sprangen 44 Abzeichen: Gold, Silber, Bronze. Und jede Menge Motivation: „Da lässt sich noch viel mehr bewegen.“
Zusammen mit dem FSJ-ler der Turnerschaft, Max Serger, der auch den Sportunterricht begleitete, baute er die Idee konzeptionell aus, machte sich mit den Regularien des Sportabzeichens noch besser vertraut, motivierte über den Elternbeirat zahlreiche Helferinnen und Helfer, kümmerte sich um die Materialbeschaffung, entwarf jahrgangsgerechte Parcours und startete mit den sechs ersten Klassen im Juni das Pilotprojekt Sportabzeichen 2017. Es wurde alles bedacht: Vor allem auch, welche Disziplinen aus dem Sportabzeichen-Angebot man unter den personellen und örtlichen Voraussetzungen überhaupt würde abnehmen können. „Geländelauf und Radfahren war für uns nicht machbar, also musste der Parcours anders zusammengestellt werden“, erklärt Hahn. Der 800m-Lauf indes, Schlagballweitwurf (80g), Standweitsprung und Weitsprung, Laufen (30m/50m), Seilspringen, all diese Stationen konnten angeboten werden. Ergänzt durch einige freiwillige Ball- und Fallschirmspiele.
Zeiten- und Weitenmessung, Reihenfolge, Rhythmus – alles war genau vorbereitet und getimt. Entsprechend reibungslos war der Ablauf. Entsprechend groß die Freude aller Beteiligten im Anschluss. Und entsprechend minimiert der Respekt im Kreise der anderen Klassenlehrer vor der großen organisatorischen Herausforderung, die solche Events bedeuten. „Die Ergebnisse motivierten nicht nur mich, sondern auch die Kinder der älteren Klassen, ihre Eltern und unser gesamtes Kollegium“, erinnert sich Hahn. Drei weitere Sportabzeichen-Tage folgten. Übrigens: Auch im Sportunterricht können die einzelnen Disziplinen nicht nur geübt, sondern auch abgenommen werden – freilich bei überschaubareren Teilnehmerzahlen. In der mittelfränkischen Schuhmetropole indes hatte Hahn seine ganze Schule motiviert, mehrere hundert Kids, den größten Verein und etliche Firmen des Ort einbezogen – und ein Zeichen damit gesetzt.
Die Turnerschaft Herzogenaurach, die sich traditionell sehr beim Deutschen Sportabzeichen engagiert, kümmerte sich um die Ausstellung der Urkunden, Schulhausmeister und Bauhof der Stadt Herzogenaurach fertigten in Handarbeit in Zonen unterteilte Messlatten, um die Messungen beim Weitsprung zu vereinfachen und zu beschleunigen – und im Onlineshop wurden Leibchen in unterschiedlichen Farben besorgt, damit die Zeitnahme beim 800 m-Lauf selbst dann systematisch und einfach von Statten gehen konnte, wenn die Kids im Pulk über die Ziellinie liefen. Jeweils ab 08.00 Uhr wurde aufgebaut, von 08.45 bis 11.30 Uhr wurde gelaufen, geworfen, gehüpft, dass es eine wahre Freude war Am 19. Juli, dem Sporttag der 4. Klassen, war alles im Kasten. Und die Freude riesig.
„Wir haben rundum große Wertschätzung erfahren“, sagt der Schuldirektor. Im Februar 2018 folgte eine große Ehrung durch die Stadt Herzogenaurach. Auch der Erste Bürgermeister der Stadt, Dr. German Hacker – übrigens selbst zehnmaliger Sportabzeichen-Absolvent –, ist stolz auf die Carl Platz Schule und erklärt: „Bewegung, egal ob im Sport oder auf alltäglichen Wegen, ist uns überaus wichtig. Sie hält gesund und wer fit ist, nutzt im Alltag auch eher das Rad oder geht zu Fuß. Ein klares Plus an Lebensqualität und ein Gewinn für die ganze Stadt. Deshalb fördert sie das Ablegen des Sportabzeichens des DOSB. Den Schulleitungen und Kollegien gilt großer Dank dafür, dass sie so viele Kinder motivieren konnten. Und unser Glückwunsch für diesen Rekord ‚made’ in Herzogenaurach.“ Für alle Kinder und Jugendliche, die das Sportabzeichen ablegen, gibt es von der Stadt übrigens einen Gutschein fürs Freizeitbad.
Wer meint, Markus Hahn würde sich nun etwas zurücklehnen angesichts des Rekords seiner Schule, irrt: Nach der nächsten großen Ehrung, am 7. Mai in Augsburg durch den Bayerischen Landes-Sportverband für den 1. Platz – Landessieger Kategorie D (401-800 Schüler) – rückt das nächste Ziel in den Fokus: Die Wiederholung dieses riesigen Erfolgs, mindestens, im Jahr 2018. Und noch dazu in einem enger gefassten zeitlichen Rahmen. Im Juni schon soll alles unter Dach und Fach sein. Ambitioniert, ja. Unmöglich? Nicht für Hahn. Er selbst übrigens hat obendrein auch noch ein ganz persönliches Ziel: Sein erstes, eigenes Sportabzeichen. „Ich muss zugeben, ich hab noch keines. Ich wurde auch schon oft darauf angesprochen. Aber ich werde das ändern.“ Man darf ihn vermutlich beim Wort nehmen.
(Quelle: Frank Schneller / Medienmannschaft)