Doppelpass: Das Runde im Eckigen - DOI und Filmmuseum veranstalten „Frankfurter Fußball-Film-Festival“

12.04.2006

Von Albert Camus bis Javier Marias: Viele Meister des Wortes haben es schon auf den Punkt zu bringen versucht. Geschliffene Formulierungen, weitgreifende Gedankengänge, tiefschürfende Einsichten. Dabei stellt sich die Sache doch ganz einfach dar - jedenfalls für die Philosophen der Praxis: „Das Runde muss ins Eckige!“ Und: „Wichtig ist auf dem Platz!“ Freilich ist der Fußball viel zu bedeutend, um ihn den Dichtern und Denkern zu überlassen, so wie wir ja auch die Politik nicht der vermeintlichen Expertise der dazu Berufenen anheim stellen wollen. Im übrigen hat der Fußball, wie der Sport insgesamt, viele Orte. Er findet seinen Platz in der freien Natur oder in speziellen Gehegen, auf der Straße oder in Hinterhöfen, in Hallen oder Stadien, die längst, runderneuert und auf Hochglanz poliert, zu „Arenen“ mutiert sind. Der Sport, also auch der Fußball, ist beina-he überall, jedenfalls nicht nirgends zu Hause. Soweit schon Phänomen genug, kommt seine Besonderheit zudem auch dadurch zum Ausdruck, dass er seinen Platz keineswegs nur im richtigen Leben, sondern nicht zuletzt auch zwischen Buchdeckeln sowie auf Bildschirmen und Leinwänden findet. Sport ist eben auch Kultur.
Für den Fußball gilt dies umso mehr, als mit der bevorstehenden Weltmeisterschaft ein ganzes Bündel unterschiedlicher Interessen aktiviert wurde, das eben nicht zuletzt auch kulturelle Ambitionen umfasst. Davon konnte man sich etwa bei der letztjährigen Frank-furter Buchmesse überzeugen. Auch Theaterproduktionen, Ausstellungen oder andere Maßnahmen inner- oder außerhalb des opulent ausgestatteten offiziellen Kulturprogramms zur WM, bieten hinreichend Gelegenheit, der kulturellen Dimension des Fußballs auf die Spur zu kommen.
Vor diesem Hintergrund hat das Deutsche Olympische Institut (DOI) gemeinsam mit dem ebenfalls in Frankfurt am Main ansässigen Deutschen Filmmuseum ein ehrgeizi-ges Projekt entwickelt: das „Frankfurter Fußball-Film-Festival“. Unter dem Titel „Doppelpass“ wurde ein umfängliches Programm entwickelt, das bei mehr als zwanzig Ein-zelterminen „Fußball-Filme“ aller Genres, also Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme, in einem historischen Bogen umfasst. Darin enthalten sind etwa Raritäten, wie „Die elf Teufel“, ein deutscher Stummfilm aus dem Jahr 1927 oder Robert Stemmles „Das gro-ße Spiel“ von 1941, für den auch einige Fußballstars der Zeit vor die Kamera traten, oder politische Filme, wie „Zwei Halbzeiten in der Hölle“, der in einem deutschen Ar-beitslager in der Ukraine während des Zweiten Weltkriegs spielt und ein so absurdes wie zynisches Fußballmatch ins Bild setzt.
Demgegenüber finden Komödien wie „Verzeihung, sehen Sie Fußball“, eine DDR-Produktion von 1982/83, die Verfilmung von Nick Hornbys „Fever Pitch“ oder „Wie der Fußball nach Georgien kam“ naturgemäß einen ganz anderen, viel leichteren Zugang zur Thematik. Den etwas „anderen“ Fußball spiegeln etwa auch die austra-lisch/buthanische Produktion „Spiel der Götter“ oder der niederländische Film „The
other Final“, die Dokumentation einer Begegnung der beiden vermeintlich schlechtesten Nationalmannschaften der Welt. Zeitgleich mit dem Finale der WM des Jahres 2002 spielten die Mannschaften von Buthan, 30.000 Einwohner, und Montserrat, ein britisches Protektorat in der Karibik mit 5.000 Einwohnern, um die Plätze 202 und 203 der FIFA-Weltrangliste.
Die Fanproblematik beleuchtet der kürzlich bei der Berlinale vorgestellte Film „Le Gran Final“, Spanien/Deutschland 2005 oder „Das Spiel ohne Ball“, eine deutsche Dokumen-tation von 2004, während Piet Fuch’s Studie „Rudi Ratlos - Der Ball rollt für Ruanda“ die Wege des wohl bekanntesten deutschen Fußball-Globetrotters Rudi Gutendorf nach-zeichnet. Seit Gurinder Chadhas „Bend it like Beckham“, einem Kinoerfolg der Jahre 2002 und 2003, wird zunehmend auch der Frauen-Fußball auf die Leinwand gebracht. Zwei aktuelle Beispiele sind etwa Ute Wielands Spielfilm „FC Venus“ oder „Fußballgöt-tinnen“, ein Dokumentarfilm von Nina Erfle und Fréderique Veith.
Natürlich wird auch die Geschichte und Bedeutung des Fußballs in Deutschland anhand ausgewählter Beispiele, nicht nur durch Sönke Wortmanns Kinoadaption „Das Wunder von Bern“ beleuchtet. Ebenfalls erst vor kurzem bei der Berlinale lief Lars Papes Glaubensfrage „Warum halb vier“ mit Joachim Krol, und auch Oliver Gieths und Peter Hüls’ Dokumentation „Gib mich die Kirsche! Die 1. deutsche Fußballrolle“ liefert wunderbare Einblicke in die deutsche Fußballseele. All dieses und manches mehr können sich cine-astisch motivierte Freunde des Fußballs und solche, die es werden wollen, von Mitte April bis Anfang Juni im Deutschen Filmmuseum anschauen. Vorgesehen sind auch verschiedene Veranstaltungen mit prominenten und kompetenten Gästen.
Die Eröffnung des Festivals ist auf den 20. April (19.00 Uhr) im Deutschen Filmmuseum terminiert. Neben einer thematischen Einführung durch den Filmwissenschaftler Jan Tilman Schwab und einer lockeren Talk-Runde mit Jürgen Sparwasser, „Charly“ Körbel und anderen Prominenten aus Sport und Kultur erfolgt auch die Präsentation einiger ausgewählter Fußball-Kurzfilme. Nicht zuletzt wird Gelegenheit bestehen, das Gehörte und Gesehene an Kicker-Fußball-Tischen praktisch umzusetzen. Weitergehende Informationen sind über info@doi.de oder www.deutschesfilmmuseum.de abrufbar.