Ebru Shikh Ahmad: "Jeder ist Mensch - alle müssen miteinander auskommen"
31.07.2006
Ebru Shikh Ahmad geb. Tüfenk ist eine von drei Integrationsbotschafterinnen, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) auf dem Integrationsgipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 14. Juli 2006 in Berlin vorstellte. Die gläubige Muslimin betreibt zusammen mit ihrem Mann Ismael, einem aus Israel stammenden Palästinenser, eine Karateschule in Hemhofen nahe Erlangen. Was sie in ihrer neuen Funktion als Integrationsbotschafterin bewegen möchte und was ihrer Meinung nach der Sport zum Integrationsprozess beitragen kann, verrät sie im Interview.
Frau Ebru Shikh Ahmad, Sie sind eine von drei Integrationsbotschafterinnen des DOSB. Haben Sie je mit einer solchen Position gerechnet?
Ebru Shikh Ahmad: "Nicht genau mit dieser Position, aber mit einer ähnlichen durchaus. Ich bin bereits mein ganzes Leben Vorbild für andere Menschen und bin meist voran gegangen und das auch noch gerne. Vorbild sein heißt für mich, sich ständig weiter entwickeln, nicht stehen bleiben und immer einen möglichst breiten, offenen Blick auf alle Dinge haben, keinen eingeengten Tunnelblick."
Was haben Sie sich für die Position der Integrationsbotschafterin vorgenommen?
Ebru Shikh Ahmad: "Ich möchte ganz besonders erreichen, dass sich ausländische Mädchen in Deutschland noch besser integrieren. Ich will ihnen zeigen, dass Integration nicht bedeutet, seine eigenen Wurzeln aufzugeben und damit nichts Negatives ist. Wenn ich in einem anderen Land lebe, muss ich die dort herrschende Kultur akzeptieren, darf sie nicht ablehnen. Ich will künftig noch mehr bewegen als bislang."
Frau Ebru Shikh Ahmad, was kann denn der Sport für die Integration in Deutschland leisten?
Ebru Shikh Ahmad: "Sport schafft die Basis für eine Kommunikation zwischen verschiedenen Hautfarben, Glaubensrichtungen und Nationalitäten. Durch den gemeinsamen Sport haben alle eine Verbindung zueinander, lernen einander kennen. Wenn man sich kennt, versteht man sich auch. Das hilft ungemein beim Abbau von Vorurteilen. Sport hat häufig, wie zum Beispiel beim Karate, mit Körperkontakt zu tun. Dieser Kontakt baut Schranken ab, die in den Köpfen existieren."
Wünschen Sie sich von ihren muslimischen Glaubensgenossinnen in Deutschland manchmal mehr Mut, auch gegen Widerstände anzukämpfen?
Ebru Shikh Ahmad: "Das wünsche ich mir sogar sehr. Widerstand muss einen nicht aufhalten, sondern sollte der Ansporn sein, nach einem anderen Weg zu suchen. Widerstände lassen einen wachsen, auch wenn es sich zunächst nicht so anfühlt. Ich kenne das aus meiner eigenen Vergangenheit. Obwohl mein Vater, ein Hochschullehrer, ein offener Mensch war, verbot er mir mit 15 Jahren, weiter Schwimmsport zu betreiben. Da habe ich dann nicht mit dem Sport aufgehört, sondern habe einen anderen Sport gewählt und Karate gemacht."
Was halten Sie von der Verpflichtung für Migranten in Deutschland, die deutsche Sprache zu beherrschen?
Ebru Shikh Ahmad: "Die deutsche Sprache sollten alle Migranten beherrschen. Das ist wichtig besonders für die Kinder. Deshalb bin ich auch dafür, dass alle Kinder aus Migrantenfamilien bereits in die Kindergärten gehen, um dort Kontakt mit deutschen Kindern zu haben und nicht erst später in die Vorschule oder gar erst in die erste Klasse. Der Kindergarten ist aber auch für die Eltern der Migrantenkinder wichtig, denn so bekommen sie den Kontakt zu Menschen der Gesellschaft, in der sie jetzt leben."
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